10. September 2010

Franzl ahnt, daß er tiefer in meiner Schuld steht als ihm lieb sein kann. Wir legen es in den Bereich des Immateriellen um. Vielleicht Anteile an seiner Seele? Franzl spekuliert, der könne inzwischen bei 51 Prozent liegen. Was ihn amüsiert? Daß ihn dereinst der Teufel anfordern werde und eine Absage einstecken müsse: "Tut mir leid, Mistah Krusche hat die Aktienmehrheit."

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Gabe hängt noch wesentlich abstrakteren Themen an. Farben. Er liebt momentan eindeutige und auffällige Farben, wie seine neuen Schuhe belegen. Beide Burschen widmen sich schließlich der Überlegung, ob man Blödsein zum Lebensprinzip, vielleicht sogar zum Beruf machen könnte. Das Dilemma: Sollten sie diese komplexe Frage lösen können, wäre damit ein Status manifest, der dem Zustand umfassender Blödheit energisch widerspricht. Da geht es also in der Sache nicht weiter. Ich ahne freilich, daß die Angelegenheit den Teenies kein Wochenende voller Grübelei und Kopfschmerz bereiten wird.

Gabe wirft schließlich noch die Frage auf, ob er ein gewünschtes und daher geplantes Kind gewesen sei. Da hab ich Glück gehabt. Das läßt sich eindeutig beantworten. (Gewünscht ja, definitiv, geplant ist freilich in solchen Wünschen eine unsichere Sache.)

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Doch der Tenor des Tages außer Haus blieb eher unernst. Mein Hang zum Trivialen ließ mich in diesen Glücksfall laufen. Vor dem Gleisdorfer Rathaus ein 190er Mercedes (bis Anfang der 1960er in Bau) und ein Ford Mustang aus der Ära danach, erstes Baumuster, also Mitte der 1960er.

Nein, da sind auch ernstere Themen. Ein religiöse Eiferer aus Amerika, dem allgemein gerade einmal rund 50 Personen als Anhängerschaft attestiert werden, schafft es mit dem Vorschlag von Koran-Verbrennungen weltweit in die Schlagzeilen: [link]

Daß mir Bücherverbrennungen mit schäbigen Analogien verbunden sind, muß einen Amerikaner, der womöglich noch nie sein Land verlassen hat, kaum scheren. Falls der Mann etwa Saudi Arabien auf einer Landkarte finden würde und mir drei bis fünf kohärente Sätze über die islamische Kultur sagen könnte, würde ich das schon für bemerkenswert halten. Aber das kann er gewiß nicht, der Chef jenes "Dove World Outreach Center". Woraus ich das schließe? Ein kurzes Zitat aus der inzwischen im Web gelöschten Erklärung:

>>We follow the work of many men and women of courage who are also putting their lives at risk to expose the evils of Islam.<<

Es gibt DEN Islam überhaupt nicht. Dafür ist allein schon die Anzahl der Muslime auf der Welt viel zu groß. Das sind zahlreiche, höchst unterschiedliche Milieus mit ganz unterschiedlichen Auffassungen und kulturellen Praktiken. Die amerikanischen Eiferer weiter:

>>It has many similarities to Nazism, Communism and Fascism. It is not compatible with Western Civilization.<<

Dieses allgemeine und polemische Geschwurbel taugt nichts, erklärt nichts, macht nichts begreiflich. Das sind nur Worthülsen, die beliebig befüllt werden können. (Wir kennen sowas von unseren Vaterländischen, die ebensolche billige Nummern mit gedanklicher Makulatur abziehen.)

Was genau wäre das denn, die "Westliche Zivilisation"? Bitte um Details! Und was weiß der Pastor etwa über Faschismus? (Ich wette, der Junge hält Obama für einen Kommunisten.) Bitte um Fakten und Zusammenhänge!

Diesmal hat sogar Amerikas Regierung deutlich Stellung bezogen und diesen provokanten Unfug zu blockieren versucht. Es geht um freien Meinungsäußerung? Dazu müßte der Pastor erst einmal eine Meinung haben. Seine Phrasendreschei wirbelt bloß Sprachstroh und Staub auf. Die enthält offenbar nichts, was man seriös diskutieren könnte.

Der von Jones geforderte "International Burn a Koran Day" [link] ist bestenfalls eine Art Bankrotterklärung jener angeblich westlichen "Zivilisation", die in diesem Fall nicht Tugenden des Zivilen und Zivilisierten vorzeigt, sondern sich beispielhaft in möglicher Blödheit demaskiert. Für das nutzlose Provozieren und Demütigen von Musilmen auf symbolischer Ebene braucht es nur jene simple Leistung, einige Bücher in ein Feuer zu werfen. Das schafft jeder Dummkopf.

Wie viel anspruchsvolle, aufwendiger, auch mühsamer wäre dagegen ein Streben, den Mitmenschen Kenntnis von arabischen bzw. islamischen Kulturen zu vermitteln? So könnte man Interesse an dieser reichen Quelle von Zivilisation wecken, deren Verständnis im Westen fördern, was unter Garantie eine weit wirksamere Waffe gegen gewaltbereite Islamisten wäre. (Wollen wir doch bitte etwas genauer zwischen Muslimen und Islamisten unterscheiden!)

Was der in PR-Dingen so tüchtige Pastor augenscheinlich nicht einmal ahnt, ist die große Bedeutung islamisch geprägter Denkweise und Spiritualität, von der die "Westliche Zivilisation" inspiriert und teilweise in ihren Fundamenten grundlegend befruchtet wurde.

Wer Gewalttäter, die sich islamisch legitimieren, fürchtet, wird ihnen am allerwenigsten mit solchen grenzenlos dummen Akten wie Koran-Verbrennungen beikommen können. Übrigens: Nicht einmal die am höchsten gerüsteten westlichen Armeen schaffen das mit ihren Mitteln, wie mindestens das letzte Jahrzehnt belegt.

Ich bin überzeugt, Kenntnis und Wertschätzung dessen, was die Größe und Bedeutung islamischer Kulturen ausmacht, bietet uns weit effizienteren Schutz gegen solche bedrohlichen Entwicklungen ...


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