1. Mai 2010 Die Camaros
haben mir immer recht gefallen. Mit der einen Ausnahme; die vierte Generation ist mir
etwas zu glatt und gefällig. Doch vor den 1990er-Jahren war das stets ein
entspannter Typ des sportlichen amerikanischen Wagens, der die Muscle Car-Szene zwar
zitiert, aber nicht als Rabauke auftritt. Mitte der 90er wurde die Linie eingestellt.
Nun sah ich die Neudeutung des Camaro mitten in Gleisdorf.
Und, huh!, der macht nicht mehr auf gemütlich, sondern auf aggressiv. Der grinsende
Berserker bläht die Nüstern auf und pfeift merklich auf ökologische Fragestellungen.
Die Automobile "Kerl-Nummer" wird mutmaßlich
unter dem wachsenden Vernunftdruck an Attraktivität noch gewinnen. Wir dürften demnach
gut beraten sein, weil wollüstige Unvernunft sich mit Sicherheit nicht per Dekret
abstellen läßt, dieses soziokultulturelle Paradox, das eigentlich keines ist, sondern
eher eine Synthese, offen zu thematisieren, zu bearbeiten.
Ich tu das nun schon eine Weile mit dem Fotografen Franz
Sattler und einigen anderen Gewährsleuten unseres "Avantourismus". Wobei
sein Faible für Reisen und südliche Entspanntheit, die untrennbar mit dem Genuß von
Espresso verbunden scheint, mich daran erinnert, daß Muße eine Qualität und keine
Sünde ist.
Was entdecke ich bei näherem Hinsehen neben meiner Tasse?
Ja, wir werden noch einiges zu erörtern haben, worin genau jene Verknüpfungen bestehen,
die Kunst und Kultur an unseren Alltag binden; und zwar genau NICHT als
"Dekorationsgeschäft" oder "Wellness-Zone", sondern als jener Bereich
der "conditio humana", durch den wir überhaupt erst befähigt werden, dieses
Feld eventuell auch abzulehnen.
Polemisch verkürzt: Wären da nicht Jahrtausende an steter
Arbeit von Menschen in den Bereichen der Künste, der Philosophie und anderer Disziplinen,
die Tölpel und Stammler, die Ignoranten und die Neidigen hätten keine Worte und keine
geraden Sätze, um all das anzufeinden.
Hier etwa Grafik-Designer Martin Hofbauer, dessen wunderbar
poetische Arbeit sich
so passend in die Autowerkstatt bei "Jagersberger" in Weiz fügt. Nein, er sieht
sich nicht als Künstler, er ist Handwerker. Sattler hingegen pendelt zwischen
verschiedenen Feldern. Er liefert hochkarätige Gebrauchsfotografie zum Broterwerb, er
geht in die Kunst für ganz andere Stoffe.
So kombinieren wir verschiedene Genres. Wir suchen nicht
nach dem Trennenden, sondern nach den gemeinsamen Quellen. An diesen Quellen stehend
kommen wir zu höchst unterschiedlichen Schlüssen und Konsequenzen. Ich liebe es, in
diese komplexen Gefüge einzutauchen.
Mechaniker Roman Hold spricht hier mit Malerin Irmgard
Hierzer über sein "Fragment", das Teil unseres Settings
ist. Hierzer wiederum hat bei diesem "April-Festival" das erste Mal in
ihrem Leben die Öffentlichkeit gesucht. Bei diesem Ausstellungs-Debut waren auch die
Professionals unter uns merklich erstaunt über die Qualität ihrer Arbeit.
Ich darf also geltend machen, wir haben heuer eine Ebene
erreicht, auf der diese Zusammenhänge greifbar werden, sich praktisch einlösen. Die
verschiedenen Genres, weder hierarchisch zu einander geordnet, noch die Gegenwartskunst
quasi zur "Königin" erhebend, sondern ein Begegnen und Arbeiten in Augenhöhe.
Niemand wird auf seinem Feld geringgeschätzt, es geht um ganz andere Fragen.
Ich halte das übrigens für keine
"idealistische" Position, sondern für ein pragmatisches wie zeitgemäßes
Ausloten möglicher Positionen der Kunst abseits des Landeszentrums.
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