13. April 2010 Es wird
schon so sein, daß hier jemand im Ringen um die Integrität seines oder ihres
Garagentores einigen Groll empfunden hat.
Aber ich bin bloß Zaungast, Passant, und darf mich daher
unbeschwert über diesen feinen Kommunikationsakt freuen, der noch dazu in geübter
Handschrift eine gewisse Eleganz zeigt. Ich wünschte, unser Lebensraum wäre viel mehr
und öfter von solchen Dialogen geprägt und viel weniger mit endlosen Propaganda-Streifen
beklebt, bemalt, beleuchtet.
Ich bin selber zur Zeit eher zur Übellaunigkeit geneigt,
weil mir zu vieles parallel von der Hand geht, gehen muß, wie mir scheint. Naja, was
weiß man schon, natürlich stehen stets Varianten offen. Aber Timing hat oft erhebliche
Konsequenzen; in diese oder jene Richtung.
Dabei begegnen mir auch viel entspanntere Wesen wie etwa
diese pragmatische Katz, so gesehen im Wohnzimmer von Kulturmanagerin Michaela Zingerle,
sauft wo es grade am leichtesten geht und hängt sich wieder weg.
Links von Zingerle Amtskollegin Christa Ecker-Eckhofen und
Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov. Es sind ja allerhand Dinge zu ordnen und
Entscheidungen zu treffen. Mit "kunst ost" ist eine ziemliche
Progression in meine und auch deren Abläufe gekommen. Ich merke zugleich deutlich, daß
ich längst wieder stärker in die inhaltliche Arbeit hineingehen möchte, muß.
Der Sog von Omarska. Dieses von serbischen Kräften
geführte Konzentrationslager in Bosnien markiert für mich die Schande Europas auf dem
Zeitpfeil nicht nur nach hinten, Richtung 1992, sondern auch nach vorne, in die Gegenwart.
Bosnien, diese offene Wunde des Kontinents. Nein, das ist keineswegs bloß eine Sache der
südslawischen Völker. Da stecken wir alle mit drinnen. Von dieser Überzeugung wird mich
niemand abbringen können.
Satko Mujagic hat die Lager überlebt. Er ist bereit, sich
mit mir darüber auseinanderzusetzen. Ich begegne ihm mit dieser tiefen Irritation, mir
nicht ausmalen zu können, wie und wo man ankommt, wenn man geraume Zeit zwischen mit Blut
gestrichenen Wänden verbracht hat, ständige Prügel das Mindestes und Mildeste waren,
Hunger und Angst als Dauerzustand dazu kamen.
"Ich habe keine Idee, wie man damit zurechtkommt",
schrieb ich ihm. Er antwortete: "Ich werde es dir erzählen." Und: "I
think / it would be very good / if you come to Kozarac on 24 may / you will learn a lot".
Vielleicht sind es auch diese Kontraste, die es mir erst
erträglich machen, Fluten an Geschwätz zu ignorieren, wo ich mich davon manchmal so
behelligt fühle. Was ist das schon? Das sind natürlich larmoyante Anflüge, letztlich
sehr unwichtig, denn stets habe ich in all dem die Freiheit, mich abzuwenden, meine
Schritte auf andere Spuren zu lenken. Diese Freiheit ist nicht allen Menschen zugesichert.
20:10 Martin: yes, vulliamy.
20:10 Satko: great man / he and gutman saved hundreds of us / including me / do you want
to see / how I looked like in august 1992
Solche Fragmente einer Korrespondenz bringen
mich gelegentlich massiv ins Grübeln. Und dann schmeiße ich mich abrupt in triviale
Winkel, weil ich Luft holen muß. "Auch zu überleben ist eine Bürde."
Wo habe ich das bloß gelesen? In einem der Berichte über die Lager. Aber! Meine
trivialen Winkel ...
So habe ich heute diesen Renault 12 erwischt.
Legendäres Design anno 1969, rare Sache, denn auch für dieses Stück aus einstiger
Massenproduktion gilt: Da siehst du noch öfter einen Ferrari auf den Straßen. Wohin will
ich also mit all diesen Themen? Ich fürchte, ich bin einfach irgendwo mittendrin,
Notausgang gibt's keinen, das "Wohin" bleibt eine verfängliche Frage. Und was
wäre nun die gute Nachricht? Das IST die gute Nachricht!
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