4. April 2010
Botschaften. Genauer: Das Fehlen von Botschaften. Könnte
ganz Graz wenigstens einen Tag lang mit so einem Status gesegnet sein? Daß die
Propagandaflächen leergefegt wären. Das würde nach meinem Geschmack sein!
Cut!
Frohbotschaften? Ist schon recht! Die Führungsspitze der
ältesten Firma der Welt zeigt gerade, wie man massive Krisen aussitzt. Diese hohe
Konzentration an Gewalttätigkeiten gegenüber Schutzbefohlenen ist sicher nicht das
Härteste, was jene Firma unter Vorsitz des Bischofs von Rom bis heute überstehen mußte.
Kritik von außen? Auch kein Problem. Noch nie! Du kannst nur schwer jemanden mit Kritik
erreichen, der in unserer Kultur so lange eine so prominente Position in den Fragen von
Definitionsmacht und Deutungshoheit innehatte.
Ich hab es in den letzten Tagen mit großem Mißfallen
verfolgt, wie Äbte, Bischöfe und andere Würdenträger zunehmend betonten, das sei ja
alles keinesfalls bloß eine Sache des Klerus, kein bloß kirchliches Phänomen. Ja.
Geschenkt! Und wir können gerne weiter im Gespräch bleiben, vorzugsweise ÖFFENTLICHE
kritische Diskurse über a) Machtmißbrauch, b) Gewalttätigkeit und c) Vergehen an
Kindern führen. Gerne!
Ich begrüße das. Reißen wir endlich
GESAMTGESELLSCHAFTLICH diese Mauern des Schweigens nieder. Zerbrechen wir die Kumpaneien.
Erlösen wir auch jene, die verstummt sind, weil sie in existenzieller Abhängigkeit zu
Leuten stehen, denen sie Vorhaltungen zu machen hätten. Weisen wir ihnen Auswege und
bieten wir ihnen Schutz an.
Doch DAS bleibt natürlich als ein eigenes Thema im Fokus:
Ein mächtiger Konzern mit enormer wirtschaftlicher Macht, mit fast unbegrenzten
politischen Möglichkeiten, mit Netzwerken und Seilschaften, dieser Konzern, nicht DIE
Kirche, denn wir reden jetzt einmal von der römisch-katholischen Kirche, Lutherische,
Orthodoxe, es gibt viele andere Kirchen, die sich mit nicht weniger Legitimation auf die
"Nachfolge Jesu" berufen, aber die weströmische Kirche hat jetzt in
ungezählten Niederlassungen, in ich weiß nicht wie vielen Filialen Taten zu verantworten
und Täter zu stellen.
Nein, das ist kein Allerweltsthema. Das ist freilich ein
Teilthema größerer Zusammenhänge und das hat Entsprechungen in anderen Bereichen des
Weltgeschehens. Da geht es um Hierarchien und Überheblichkeit, um Anmaßung,
Machtmißbrauch und wie sich all das in Gewalttätigkeit ausdrückt; bei gleichzeitiger
Sicherung von Vormachtstellungen innerhalb von Gesellschaften.
DAS, genau dieser Zusammenhang, ist eine sehr üble Sache,
von der Tatsache unterfüttert (wie sehr dieses Wort hier zutrifft: TAT-Sache!), daß es
geradezu massenhaft zu verbrecherischen Tatbeständen gekommen ist. Gegenüber
Schutzbefohlenen, gegenüber Abhängigen und genau in der Behauptung einer
gesellschaftlichen Vormachtstellung. DAS! Behauptung! Gesellschaftlich! Vormacht! Das ist
die Verquickung, über der mir physisch schlecht wird, wenn ich mich damit näher befasse.
Ich habe es hier schon angedeutet, ich bin in diesen Dingen
ein Insider. Ich weiß daher und stelle das gar nicht zur Debatte, sondern stelle fest:
Hier ist über Demütigung und Qual zu reden. Hier ist über Folter zu reden. Hier ist
über jene Korruption zu reden, die ein Leben vergiftet, wenn du schon als kleines Kind
unter der Vormacht des Erwachsenen zum Schluß getrieben wirst, daß du deinen
Empfindungen, deinem Sensorium nicht trauen darfst. Denn was die Gewalttäigkeit an einem
anrichtet, wird von den Erwachsenen geleugnet und die eigenen Empfindungen darüber werden
als falsch, als nichtig abgetan.
So folgt der physischen Attacke eine noch umfassendere, die
Attacke auf die seelische und geistige Integrität. Da, wo (erwachsene) Täter mein
kindliches Empfinden als nichtig abtun, wo andere Erwachsene schweigen, wegsehen, sich
abwenden, also ausdrücken: Was du empfindest, IST NICHT, denn wenn es WÄRE, und so viel
weiß jedes Kind, WEISS, falls nicht in Worten, so doch in Emotionen, falls es WÄRE, dann
müßten sie doch eingreifen, dem Täter in den Arm fallen, da genau das aber ausbleibt,
wird dem Kind bestätigt: Was du empfindest, ist falsch, mehr noch: Es ist nicht. In
dieser Botschaft steckt dann noch eine andere verborgen, der vergiftete Pfeil mit den
scharfen Widerhaken. Diese Botschaft besagt: "Dich soll es nicht geben."
Erst wird also der Leib attackiert, darüber die Seele und
folglich jenes Fundament, meine Wahrnehmung der Welt, wozu mir Erwachsenenvormacht
ausrichtet: Dein Empfinden, deine Emotionen, deine Kriterien und dein Sensorium sind
FALSCH, denn was du verspürst ist Unfug!
Wenn jemand dem als kleines Kind ausgesetzt wird, um danach
im Geflecht von Leugnen und Schweigen verloren zu gehen, dann wird damit eine Art von
Versehrtheit konstituiert, die sich schwer bis kaum revidieren läßt.
Ich hab also nicht nur Macht und Gewalt zu nennen, über
die zu reden wären, sondern auch Zynismus. Genau in diesem Zusammenhang scheiße ich auf
die Betroffenheit der Ertappten und ihrer Vorgesetzten. Ich bestehe auf Revision! Ich
bestehe auf Konsequenzen! Mich interessiert das Gerede nicht, das Beten, die Gesten
scheren mich nicht. Falls ich von all dem etwas wissen möchte, dann werde ich vielleicht
eines der Tribunale besuchen oder eines der ordentlichen Verfahren, die nun folgen
müssen. Dann werde ich mir anhören, was Täter zu sagen haben. Oder ich werde später
Bücher lesen, in denen etwas auf redliche Art aufgezeichnet ist.
Aber JETZT, jetzt möchte ich vor allem einmal erleben,
daß jene, die schuldig sind UND jene, die VERANTWORTUNG tragen, die Fresse halten, daß
sie ihre Kräfte einsetzen, um einen angemessenen Status quo zu ERARBEITEN, der es
ermöglicht, einen AUSGANGSPUNKT zu finden, von dem aus nun eine umfassende Revision
beginnen kann; gesamtgesellschaftlich! Mich schert der einzelne Täter nicht, der sei
unseren Gerichten und seinem Seelsorger überlassen. Ich erwarte den erkennbaren Aufbruch
zu diesem weit größeren Vorhaben!
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