8. März 2010

Der Film läßt mich nicht lost. Akira Kurosawa hatte mit "Akahige" ("Rotbart", 1965) seinen letzten Schwarzweißfilm gedreht. Ich hänge sehr an dieser Machart und habe den Eindruck, daß Filme und Fotos in Schwarzweiß einem völlig anderen Schauen Raum geben als es Farbmaterial tut.

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Aber es ist auch diese lapidare Erzählung, die mich gefangen hält. Oft ein Schweigen. Und, wie häufig bei Kurosawa, der Regen, als hätte er eine eigene Rolle im Film. Diesmal aber auch: Schneefall. Und Wände von altem Holz.

Dieser atemberaubende Aufwand, um der Erzählung ein angemessenes Ambiente zu verschaffen. Dieses ruhige und unerschütterliche Mitgefühl, mit dem Kurosawa den in bitterer Armut schwer versehrten Menschen Aufmerksamkeit verschafft.

Ich weiß schon, was mich da grade so erwischt hat, wenn man davon absieht, daß mir genau dieser Film bedeutender erscheint als so mancher von Kurosawa, der in Europa wesentlich populärer wurde. Jenseits des Cineastischen ist es diese Thematik, offenbar quer durch Zeiten und Kulturen präsent und relevant.

Wie nämlich gut situierte Leute sich legitimieren und wie sie sich von der Armut abwenden, der ihr Wohlstand ja in irgend einer Weise verbunden ist. In Österreich tun sich gerade allerhand Leute mit dem Revival einer "Herrenmenschen-Mentalität" hervor. Dazu gehört aktuell auch und sehr repräsentativ eine vaterländische Bundespräsidentschaftskanditatin, in deren Kurzbiographie dieses Kuriosum (Caldwell) vorkommt. (Quelle: "Kronen Zeitung") log1558b.jpg (8532 Byte)

Hier der komplette Ausschnitt: [link] Tja, und was genau wäre denn das, ein "Fremder" in Europa? Ich weiß schon, was diese Konsorten meinen, nämlich Menschen, die nicht in Europa geboren wurden. Aber was besagt das schon? War denn je ein Flecken Erde multiethnischer, als dieses Europa über wenigstens ein, zwei tausend Jahre?

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So beginnt das genannte Buch und was unsere "postwar economy" gewesen ist, gestärkt durch jene "Gastarbeiter" und Immigranten, ohne die es wohl nicht so flott vorangegangen wäre, ist in meiner Wahrnehmung von jeher "Das Europäische" gewesen. Mischung!

Ob Europa "Das Gleiche" wäre, wenn es "andere Leute" bekäme, ist das, was wir eine "No na-Frage" nennen. Na, nicht wird es ein anderes Europa sein, wie es eben seit Jahrtausenden sich stets auch durch die Menschenströme und die Veränderungsschübe änderte.

Mit den Vaterländischen ist es wie mit vielen Zugreisenden. Wer zuerst im Abteil sitzt, möchte es gerne verschließen und den Vorhang zuziehen, um den Komfort von sechs Sitzplätzen zu genießen, für den einzelne Leute mit nur einem Ticket ja nicht bezahlt haben.

Es ist ja keineswegs so, daß ich sorglos und ohne Bedenken wäre, wenn ich mir ausmale, was Europa vor sich hat. Vor allem, weil so vieles absehbar geworden ist.

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Natürlich verdrängen wir gerne, wie viel sich dieses Europa von der Welt einfach genommen hat (Stichwort: Kolonialreiche!), auch was der jüngste Raubzug, den unsere Leute als Nazi realisiert haben, die Welt gekostet hat. Also verdrängen wir ebenso gerne, daß es so nicht ewig weitergehen wird, daß inzwischen auch andere Länder, die uns früher teilweise zur Disposition standen, Ansprüche zeigen. Vor allem aber: Für einige der schon begonnen Wettläufe (um Standortvorteile und Güter) ist man offenbar in vielen dieser Länder wesentlich besser gerüstet als bei uns.

Amerika löst das vorerst noch mit seinen Armee-Verbänden, aber ganz augenscheinlich nicht mit seinen Wirtschaftstreibenden. Und wir? Ich gehe also davon aus: Die Veränderungen Europas werden weit größere sein, als unsere Innenpolitik das zu thematisieren wagt. Von vaterländischer Seite werde ich für diese Zukunft kaum brauchbare Ratschläge erhalten können.


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