12. Dezember 2009 Was der
Alltag so bietet ... Ein Steyr-Puch 500, den die Felgen als spätes Exemplar seiner
Gattung ausweisen. Kleines Beiboot unter dem Flugdach, wo auch Zeitgemäßes steht. Ein
Erinnerungsstück; auch für mich, denn ich wollte und sollte mich längst wieder etwas
trivialeren Stoffen widmen.
Ich bin immer noch unter dem bemerkenswerten Eindruck einer
Innensicht regionalen Geschehens. Daß etwa ein Politiker ohne Rücksicht auf Verluste und
Faktenlagen loszieht, um in einer Sache auszudrücken: Entweder ich bekomme die Kontrolle
über das Projekt oder ich würge es ab.
Noch erstaunlicher finde ich, wenn dann Kulturschaffende so
einem Mann beispringen, um ohne jede intellektuelle und sonstige Anstrengung sich ein
Stück aus dem möglichen Kuchen zu reißen. Ich habe dabei freilich auch erlebt, daß
andere Politiker solche Flausen nicht als selbstverständlich hinnehmen. Aber es ist
fraglos ein Stück Verkommenheit im Stand der Dinge.
Es muß natürlich klar sein, daß wir alle solche
Zustände mitproduzieren. Ich hatte kürzlich ein Plauderstündchen mit der
Landtagsabgeordneten Ingrid Lechner-Sonnek. Wir waren uns einig in der Auffassung, daß
Funktionärsmanieren der üblen Art überall dort einreißen werden, wo Bürgerinnen und
Bürger sich für den Lauf der Dinge nicht mehr zuständig fühlen.
Die übliche Ausrede: "Ich kann ja eh nichts
bewirken." Das ist natürlich Mumpitz und nimmt genau an solchen
Funktionärs-Allüren Maß, wonach "etwas bewirken" große Bewegungen und
Ereignisse meint, ausladende Gesten, die medial verwertbar sind.
Eine Demokratie muß sich aber auch im Alltag bewähren, in
den kleinen und banalen Situationen. Darin berufe ich mich auf Victor Klemperer, in dessen
penibel geführten Tagebüchern aus der Nazi-Ära genau nachgelesen werden kann, wie die
Tyrannis sich im ganz banalen Alltag der Menschen gebiert, nicht hinter dem Schreibtisch
des Führers.
Ich habe vorgestern
den Autor Nenad Popovic zitiert: "korrupt sind die Bevoelkerungen und nicht (nur)
die Politiker". Das kommt dann in ganz trivialen Momentchen daher. Wo etwa ein
Künstler betont, man dürfe doch die Kulturpolitik nicht den Privatpersonen überlassen,
das bedürfe der Leute, die demokratisch gewählt wurden.
So schlägt sich einer gegen die Kunst auf die Seite seiner
politischen Kumpel und macht vergessen, daß in unserer Kultur seit rund zweieinhalb
Jahrtausenden die Vorstellung besteht, POLITIK leite sich von ZWEI Kategorien her, die mit
einander im Wechselspiel stehen sollen: "Politiké", die
"Staatskunst", und "Polis", das (historisch städtische)
Gemeinwesen.
Erst im gemeinsamen Kräftespiel bekommt die
Demokratie eine Chance. Wenn das hier in der "Provinz" noch nicht klar ist,
wenigstens kursorisch, vor allem auf dem Kunstfeld, dann ... naja, dann liegt eben noch
viel Arbeit an. Die Vorgeschichte sollte geläufig
sein. Ich hab gestern in "Der
Standard" eine klare Zusammenfassung in einem Statement des Budapester
Germanisten László Földényi gelesen.
Mit dieser Auffassung komme ich sehr gut zurecht. Gestern
kam mir noch eine andere Überlegung unter. Es gehe in solchen Fragen um das "Herz
der Demokratie". Damit kann ich mich gar nicht anfreunden. Diese Metaphorik
bringt mich eher auf die Idee, daß die Ratio in der Demokratie gestärkt werden muß. |
|
Denn das "Herz der
Demokratie" hat sich gerade im 20. Jahrhundert als zutiefst korrupt erwiesen. Dort,
in diesem Herzen, sind der Rassismus und der mörderische Nationalismus zuhause. Von dort
geht eine irrationale Sehnsucht nach Feinbildern aus, gerade noch "die Juden"
als Ziele fordernd, dann "die Slawen", jetzt "die Muslime"; und ganz
generell "die Frauen" sowieso.
So viel zum "Herz der Demokratie",
das sich vorerst ziemlich unbelehrbar zeigt. Nein, ich möchte mich lieber dem
"Verstand der Demokratie" widmen. Und nebenbei, wie schon erwähnt, trivialen
Blödsinnen.
Dazu verhilft mir etwa mein Sohn jederzeit;
ansatzlos. Als "Digital Native" ist er gerüstet, zugleich Musik zu
hören, SMS abzusetzen und per Fotofunktion zurückzuschießen.
Das ist eine Menge elektronischer
"Punch" im inzwischen gar nicht mehr zarten Händchen, welches sich beim Feilen
stählerner Werkstücke merklich verbreitert. Wie sich die Zeiten und Verhältnisse
ändern. Erst unlängst war ICH der rotzfreche Kerl, der seine Leute gefragt hat:
"Was habt ihr damals von all dem gewußt? Und was habt ihr gemacht?" ...
[kontakt] [reset] [krusche] |