12. Dezember 2009

Was der Alltag so bietet ... Ein Steyr-Puch 500, den die Felgen als spätes Exemplar seiner Gattung ausweisen. Kleines Beiboot unter dem Flugdach, wo auch Zeitgemäßes steht. Ein Erinnerungsstück; auch für mich, denn ich wollte und sollte mich längst wieder etwas trivialeren Stoffen widmen.

log1514a.jpg (22125 Byte)

Ich bin immer noch unter dem bemerkenswerten Eindruck einer Innensicht regionalen Geschehens. Daß etwa ein Politiker ohne Rücksicht auf Verluste und Faktenlagen loszieht, um in einer Sache auszudrücken: Entweder ich bekomme die Kontrolle über das Projekt oder ich würge es ab.

Noch erstaunlicher finde ich, wenn dann Kulturschaffende so einem Mann beispringen, um ohne jede intellektuelle und sonstige Anstrengung sich ein Stück aus dem möglichen Kuchen zu reißen. Ich habe dabei freilich auch erlebt, daß andere Politiker solche Flausen nicht als selbstverständlich hinnehmen. Aber es ist fraglos ein Stück Verkommenheit im Stand der Dinge.

log1514c.jpg (20480 Byte)

Es muß natürlich klar sein, daß wir alle solche Zustände mitproduzieren. Ich hatte kürzlich ein Plauderstündchen mit der Landtagsabgeordneten Ingrid Lechner-Sonnek. Wir waren uns einig in der Auffassung, daß Funktionärsmanieren der üblen Art überall dort einreißen werden, wo Bürgerinnen und Bürger sich für den Lauf der Dinge nicht mehr zuständig fühlen.

Die übliche Ausrede: "Ich kann ja eh nichts bewirken." Das ist natürlich Mumpitz und nimmt genau an solchen Funktionärs-Allüren Maß, wonach "etwas bewirken" große Bewegungen und Ereignisse meint, ausladende Gesten, die medial verwertbar sind.

Eine Demokratie muß sich aber auch im Alltag bewähren, in den kleinen und banalen Situationen. Darin berufe ich mich auf Victor Klemperer, in dessen penibel geführten Tagebüchern aus der Nazi-Ära genau nachgelesen werden kann, wie die Tyrannis sich im ganz banalen Alltag der Menschen gebiert, nicht hinter dem Schreibtisch des Führers.

Ich habe vorgestern den Autor Nenad Popovic zitiert: "korrupt sind die Bevoelkerungen und nicht (nur) die Politiker". Das kommt dann in ganz trivialen Momentchen daher. Wo etwa ein Künstler betont, man dürfe doch die Kulturpolitik nicht den Privatpersonen überlassen, das bedürfe der Leute, die demokratisch gewählt wurden.

So schlägt sich einer gegen die Kunst auf die Seite seiner politischen Kumpel und macht vergessen, daß in unserer Kultur seit rund zweieinhalb Jahrtausenden die Vorstellung besteht, POLITIK leite sich von ZWEI Kategorien her, die mit einander im Wechselspiel stehen sollen: "Politiké", die "Staatskunst", und "Polis", das (historisch städtische) Gemeinwesen.

Erst im gemeinsamen Kräftespiel bekommt die Demokratie eine Chance. Wenn das hier in der "Provinz" noch nicht klar ist, wenigstens kursorisch, vor allem auf dem Kunstfeld, dann ... naja, dann liegt eben noch viel Arbeit an.

Die Vorgeschichte sollte geläufig sein. Ich hab gestern in "Der Standard" eine klare Zusammenfassung in einem Statement des Budapester Germanisten László Földényi gelesen.

Mit dieser Auffassung komme ich sehr gut zurecht. Gestern kam mir noch eine andere Überlegung unter. Es gehe in solchen Fragen um das "Herz der Demokratie". Damit kann ich mich gar nicht anfreunden. Diese Metaphorik bringt mich eher auf die Idee, daß die Ratio in der Demokratie gestärkt werden muß.

log1514d.jpg (27511 Byte)

Denn das "Herz der Demokratie" hat sich gerade im 20. Jahrhundert als zutiefst korrupt erwiesen. Dort, in diesem Herzen, sind der Rassismus und der mörderische Nationalismus zuhause. Von dort geht eine irrationale Sehnsucht nach Feinbildern aus, gerade noch "die Juden" als Ziele fordernd, dann "die Slawen", jetzt "die Muslime"; und ganz generell "die Frauen" sowieso.

So viel zum "Herz der Demokratie", das sich vorerst ziemlich unbelehrbar zeigt. Nein, ich möchte mich lieber dem "Verstand der Demokratie" widmen. Und nebenbei, wie schon erwähnt, trivialen Blödsinnen.

log1514b.jpg (25971 Byte)

Dazu verhilft mir etwa mein Sohn jederzeit; ansatzlos. Als "Digital Native" ist er gerüstet, zugleich Musik zu hören, SMS abzusetzen und per Fotofunktion zurückzuschießen.

Das ist eine Menge elektronischer "Punch" im inzwischen gar nicht mehr zarten Händchen, welches sich beim Feilen stählerner Werkstücke merklich verbreitert. Wie sich die Zeiten und Verhältnisse ändern. Erst unlängst war ICH der rotzfreche Kerl, der seine Leute gefragt hat: "Was habt ihr damals von all dem gewußt? Und was habt ihr gemacht?" ...


[kontakt] [reset] [krusche]

49•09