6. November 2009Ich war gestern gerade draußen in der
Gegend, dort wo viel Gegend ist, zu dieser Mittagszeit in harter Sonne, als ich per
Telefon eine bemerkenswerte Lektion in regionaler Kulturpolitik erhielt. (Davon wird noch
zu erzählen sein.)
Und dann hatte ich die breite Bundesstraße zu überqueren, um näher an diese Rarität
heranzukommen. Es hat ein Frächter viel Geld in die Hand genommen, um diesen Kurzhauber
mit Allradantrieb so überarbeiten zu lassen, daß er wieder wie aus dem Schachterl da
steht.
Ein MAN 22.200, jene Art von "Ponton-Kurzhaubern", die vor
Jahrzehnten das Ende der langen Schnauzer einläuteten. Form, Funktion, Fetisch ... das
sind Zusammenhänge, die ich abends noch in einem Autohaus debattieren konnte.
Dort traf sich die regionale Wespen-Community, was einen symbolischen Bogen über ein
halbes Jahrhundert zieht, denn diese legendären Roller sind ideologische Kinder des
Faschismus, welcher nicht nur im kriegerischen, sondern auch im zivilen Sinn
"Massenmobilisierung" forciert hat.
Die frühen Sternstunden des "Individualverkehrs" verdanken sich unter
anderem Leuten wie Hitler und Mussolini, was wiederum Ingenieure wie Ferdinand Porsche zu
bedienen wußten. So hängen diese Dinge zusammen, ob uns das gefällt oder nicht.
Mit einem anderen Aspekt der Massenmobilität hat sich Photograph Christian Strassegger
befaßt, die Ausstellung wurde gestern im "einraum"
eröffnet. Blickwinkel. Ich staune immer wieder, wie selbstverständlich Menschen
annehmen, daß unsere Sichtweisen einem einfach zufallen. Dabei ist es in so vielen
Fällen vor allem die Kunst, von der wesentliche Impulse ausgehen.
Sichtweisen. Der jugoslawische
Sezessionskrieg war ein feines Übungsfeld, um quer durch Europa alte Ressentiments in
neuem Glanz zu drehen, zu wenden, in Umlauf zu bringen. |
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Nenad Popovic mein dazu mit einiger Ironie:
"Denn Europa und der Balkan, das ist weiss Gott kein
trautes Liebesverhältnis. Karpaten, das Donaudelta, Transsylvanien, Minarette, militante
Popen, gefährliche Gesellen in albanischen Gebirgen, von Karl May bis Karl Marx und
Fürst von Bismarck, sind wir hier eine schaurige Vorstellung: Abfall der Völker,
Pulverfass, Monarchenmörder. Der Balkan ist der Stoff, aus dem die Alpträume sind."
Ende November besteht Gelegenheit, den Autor und Medientheoretiker live in Gleisdorf zu
erleben: [link]