22. Oktober 2009 Betriebselektriker.
Das klingt in meinen Ohren ähnlich robust wie Installateur. Und! Fritzerl oder Franzl? Es
geht dabei um einen Burschen, der mit zwei Namensoptionen lebt. Ich
sollte mich langsam entscheiden. Habe ich bisher Fritzerl bevorzugt, wähle ich jetzt
Franzl.
Er stand mit Gabe auf der Staße, als ich daher kam, ich
gesellte mich dazu, nahm an, er würde seine Zigarette fertig rauchen wollen. Aber er
zertrat sie, als noch etwa ein Drittel davon übrig war. Eh klar, daß ich kurz dachte,
die Burschen hätten ein saloppes Verhältnis zum Geld. Dabei weiß ich gar nicht so
genau, was diese Zigaretten kosten. (Viel!) Naja, erwachsenes Denken. Ich hatte Gabes
Mutter kürzlich sagen gehört: "Aber er muß doch endlich einsehen, daß
..." Schon war mein Lachen entgleist. Ja er muß doch endlich einsehen, daß ...
was?
Ich ließ mir dann darlegen, wie die Youngsters grade drauf
sind. Fröhlich. Übermütig. Nächsten Dienstag gehts los. Dreijährige Lehre zum
Betriebselektriker. Zwischendurch Berufsschule in der völligen Einöde. (Kenn ich! Meine
Berufsschulmonate hatte ich während der frühen 1970er in Hartberg verbracht.) Die
Burschen sind glücklich, daß sie diesen Weg gemeinsam gehen können. Und sie
phantasieren sich ihre Zukunft als Unternehmer.
Höchste Zeit, den Franzl aufzuklären: "Gabe hat
dir das sicher nicht gesagt. Wir haben einen Pakt. Mit Blut unterzeichnet." Franzl
zeigte sich völlig unbeeindruckt. "Und was?"
"Wenn Gabe es zu was bringt, ich meine:
ordentlich, dann hat er mir jede Woche einmal seine Limousine zu schicken. Sein Chauffeur
bringt mich in ein Lokal meiner Wahl, die Rechnung geht an die Firma."
"Limousine?" meinte Franzl. "Kriegst du nicht. Wir schenken dir
ein ganzes Lokal. Kannst du haben. Bauen wir dir hin." Ich wußte sein
Augenzwinkern zu deuten, als er sagte: "Und eine Bedienung nach deinen
Wünschen." (Der Kerl hat natürlich einen viel höheren Testosteronspiegel als
ich.)
"Ich wünsch mir einen alten Süditaliener, der
mir jeden Tag den besten Espresso der Welt zubereitet." "Ha! Mach ma",
meinte Gabe, "inserieren wir aufm Titelblatt einer Zeitung: Wir suchen einen
alten Süditaliener."
Mutmaßlich weil ich über eine Schüssel Spaghetti
Carbonara gebeugt war, schlug Gabe vor: "Und einen mobilen
Spaghettiservice." Franzl ergänzte: "Mit goldenen Stoßstangen."
Ich wandte ein: "Die goldenen Stoßstangen lassen wir, dafür soll ihn der
Roman Hold aufbrezeln." (Roman ist ein bewährter Zuchtmeister von
Hochleistungsmotoren. Sorry! Boys will be Boys ...)
Ich fände es gut, wenn auf dem mobilen
Spaghettiservice-Wagen irgendwo das Wörtchen "Doge" stehen würde. "Dodge
Coronet" fände ich sehr cool. (Ich liebe die spröden, kantigen Formen der
zweiten Hälfte der 1960er, wie bei diesem Dodge Coronet 500.) Franzl verschob, was die
Auto-Aufschrift anging, etwas den Fokus: "Des muß draufstehen: Wir bringen die
Soße!"
Nun wird man mir wohl zustimmen können, um die Zukunft der
beiden Burschen muß ich mir vermutlich keine Sorgen machen. Sie erwogen dann noch:
Weltherrschaft? Nein! Politiker abschaffen? Auf jeden Fall! Mit einer Ausnahme: "Möchtest
du vielleicht Präsident von Österreich sein?" Ich lehnte dankend ab. (Ich
möchte von überhaupt nichts Präsident sein. Ich schreibe neuerdings wieder Gedichte.)
"Aber du kannst sein, was du willst",
bekam ich zu hören. "Pima! Dann will ich euch weiterhin ein schlechtes Vorbild
sein." (Ich höre mit großer Ausdauer und Leidenschaft Van Morrison.)
Freilich arbeite ich zwischendurch auch ganz
ernsthaft, erwarte aber inzwischen nicht mehr, daß andere das auch tun. (Ach, ich bin
darin ohnehin nicht einsam! Es gibt eh die Inspirierten um mich.) |
|
Wie schon früher erwähnt:
Ende November tagt die NCC
in Gleisdorf. Schwerpunkt Medienkompetenz und kulturpolitische Fragestellungen ... In
diesen Tagen wird übrigens Nenad Popovic mein Gast sein. Für mich einer der
maßgeblichen südslawischen Intellektuellen der Gegewart.
Hier sieht man Popovic auf einem Foto von Mara Bratos, das mir der Verlag
Schöffling & Co zur Verfügung gestellt hat. Es sollte ja eigentlich die Herkunft von
Kunstschaffenden und Intellektuellen keine stark zu betonende Rolle spielen. Aber der
jugoslawische Sezessionskrieg war auf höchst konfuse Art nicht bloß Ausdruck
"innerjugoslawischer" Problemlagen, sondern ist auch ein fragwürdiges Ergebnis
gesamteuropäischer "Zustände".
Es sind von Popovic leider momentan nur recht wenige Texte
in deutscher Sprache verfügbar. Einer davon, "Die kopernikanische Wende",
befindet sich online:
>>In diesem Exposé werde ich die These vertreten,
dass sich in den neunziger Jahren in Südosteuropa, und namentlich auf dem Gebiet des
ehemaligen Jugoslawiens, totalitäre Staaten und Gesellschaften von einer neuen, bislang
unbekannten Art herausgebildet haben. ...<< [Quelle]
[kontakt] [reset] [krusche] |