28. Mai 2009

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Das Schloß Pöllau hat seine kuriosen Winkel. Und kuriose Momente. Ich hätte angenommen, daß Kunstschaffende ihre oder irgendeine Sache zu vertreten hätten, wenn Leute aus regionalen Managements und von der Landesebene in die Gegend kommen, um "... die Möglichkeit der Förderung von zeitgenössischer Kunst und Kultur abseits der Ballungszentren." zu verhandeln.

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Michaela Zingerle hatte eingeladen. Ein größerer Zusammenhang liegt in der grundsätzlichen Verfügbarkeit von rund drei Millionen Euro bis 2013, um jenseits von Graz an besseren Bedingungen für die Gegenwartskunst zu arbeiten. Geld, dessen Vergabe allerdings an etwas rigoroses Regelwerk gebunden ist. (Aber es hat uns ja niemand versprochen, daß all das leicht wird.)

Dazu gehört meines Erachtens, um Land zu gewinnen, daß wir auf einige Fragen einige Antworten geben können, die mindestens temporär stichhaltig sind:
+) was ist kunst?
+) was ist unser tun?
+) was ist unsere profession?
+) warum soll es das geben?

Ich erlebe aber stets wieder, daß unter Kunstschaffenden so getan wird,
a) als wäre das ohnehin klar und
b) wer immer darüber Unklarheit empfindet, müsse wohl ein Dussel sein,
c) gefolgt von Befindlichkeitsprosa und
d) etwas Lobbyarbeit für das, was man selbst einem Veranstalter anbieten könnte.

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Schmähführen und Wuchteln drücken als Selbstrettungskonzept? Naja, auch ein Plan. Schließlich aber: Wenn schon jenseitig, dann ordentlich! Wir nahmen unseren Abschieds-Drink in einem Pöllauer Lokal, das offenbar über wenigstens 30 Jahre keine Veränderung erfahren hat. Es erinnerte in Ausstattung und Groove an meine Berufsschultage in Hartberg.

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Ich habe dort nicht nur mein Bier bekommen, sondern schließlich für einige Euro den ruinierten Modellbausatz einer klassischen MV Augsta gekauft. Es wäre weiters, ebenso für wenige Euro, eine "alte Vase" erhältlich gewesen. Auf einem Holzregal sind solche Schätze aufbewahrt, kleine Zettel nennen die Preise.

Glauben Sie nicht, das hätte mich auf eine abschätzige Art amüsiert. Im Gegenteil! Ich war sehr vergnügt, daß es in "meiner Region" noch Situationen gibt, die ich sonst nur im Kino zu sehen bekomme. Einen halben Tag davor war ich aus dem Haustor getreten und über einen Gallardo Spider gestolpert.

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Damit ist mein Tages-Horizont zwischen dem Trivialen und dem Komplexen unter leichtem Nieselregen angenehm gezogen. Dazu kam dann noch Österreich pur. Der dritte Parlamentspräsident Martin Graf ergänzte den Nazispuk, welchen Rotzbuben kürzlich im Lager Ebensee KZ-Überlebenden aufgebürdet haben:

>>Viele würden sich fragen, ob Muzicant nicht als "Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus" bezeichnet werden sollte, hatte Graf geschrieben.<< [Quelle: ORF]

Daran gibt es nicht zu deuten und nichts schönzureden. Die "Neue Rechte" ist an prominenter Stelle in unserem Parlament angekommen und demonstriert von dieser exponierten Stelle aus jenen Zynismus und jene Menschenverachtung, die für den historischen Faschismus typisch waren. Es ist im Grunde ein Tag nationaler Schande, da sich die Kinder der Barbaren in dieser Position und in diesem Zusammenhang auf diese Art produzieren dürfen.

[Wir Kinder des Kalten Krieges]


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22•09