25. Mai 2009

Einst wollten Autos in den USA Jagdflugzeuge sein und hatten auch ungefähr deren Spritverbrauch. Diesen Buick vor dem Gleisdorfer rathaus zieren sogar Rücklichter wie Raketenschwänze. Es ist ein "Le Sabre", wie er von 1959 bis 61 gebaut wurde. Nicht nur die Form, auch der Name ließen annehmen, das Auto stamme aus einem Comic Book.

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Das ist also eine Menge noble Distanz zu praktischen Erwägungen. Ich staune diesen Yank Tanks hinterher, weil sie etwas ausdrücken, das so unwiederbringlich verschwunden ist wie meine Unschuld. Ich habe diese Stimmung aus meinen Kindertagen noch so gut in Erinnerung: Gnadenlose Zuversicht.

Egal wie knapp und klamm die Zustände im Elternhaus gerade waren, ein "Nächstes Jahr wird es besser" fehlte nie. Die "Ami-Schlitten" hießen "Straßenkreuzer" und in den "hobby-Heften" konnte neben den Blicken in die weite Welt auch das Know how zur preiswerten Verbesserung der eigenen Verhältnisse gefunden werden. (Für die kulturellen Bedürfnisse hatten wir Readers Digest.)

Seither bin ich von der Heimwerkerei fasziniert, ohne selbst auch nur das geringste Talent dafür zu haben. Aber die Schlüssigkeit der knappen Darstellungen in diesen Heften fand ich immer hinreißend. (Das war alles noch VOR Ikea ;-)))

Ich hab auf dem Gleisdorfer Flohmarkt ein Heft aus meinem Geburtsjahr 1956 erstanden. Man gab im Jänner das Ergebnis einer weltweiten Umfrage bei Journalisten bekannt, wer wohl bezüglich technischen Fortschritts am bedeutendsten sei.

Der Italiener Guglielmo Marconi wurde damals für "die Erfindung und praktische Einführung der drahtlosen Telegraphie" vor die Gebrüder Wrigth und Thomas A. Edison auf den ersten Platz gewählt. (Hm?) Ein Ranking, das wohl nicht lange Bestand hatte. Mir war der Herr jedenfalls bisher völlig unbekannt.

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Autos wie der oben gezeigte Buick Le Sabre repräsentieren eine kuriose Mischung aus kindlicher Verspieltheit und dem Anspruch auf einen großen Auftritt. Vermutlich trifft das sehr präzise, was uns vom Testosteron getriebene Wesen über weite Strecken an der Welt interessiert.

Dem stehen gelegentlich noch andere Artefakte gegenüber. "... älteste Darstellung eines menschlichen Körpers überhaupt." Ist DAS deutlich? Das IST deutlich!

Warum da in "Der Standard" die Headline von einer "prähistorschen Powerfrau" [link] faselt, bleibt mir nicht nachvollziehbar. Das kommt aber daher, daß ich seit Jahren vermute, "Powerfrau" ist nicht freundlich gemeint.

Im "bild der wissenschaft" [link] geht sich eine "Ur-Venus" aus; eigentlich auch komisch, diese klebrige Metapher, an römischen Verhältnissen orientiert.

Sehr cool und nach meinem Geschmack angemessen kommt das bei "nature" [link] daher: "A female figurine".

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Aber das kräftige Formulieren boomt. Gelegentlich stelle ich mir vor, daß wir in unserer Kultur schon so anästhesiert sind, da braucht es stets härtere Signale. Ich will das aber eigentlich nicht glauben. Doch die Zeichen ...

Da wäre der katholische Rabauke Ewald Stadler, in meiner Wahrnehmung nicht gerade eine Empfehlung für das christliche Abendland, von dem neuerdings wieder heftig die Rede ist. Daß Stadler unter der Flagge des Volksanwaltes Wahlwerbung betreibt, ist merkwürdig genug und qualifiziert sein kantig ausgestelltes Christentum hinreichend.

In einem Forum hab ich kürzlich unbedacht und polemisch gefragt: Verblöden denn die Rechten jetzt an sich selbst? Auslöser war folgende Passage einer Aussendung von Stadler gewesen:

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Der Text ist ein entsetzliches Machwerk (Quelle: OTS), Beleg für die Härte der Signale, die inzwischen offenbar für nötig gehalten werden. Nun wurde ich unter der Hand gefragt, warum ich denn annehme, die Rechten würden erst jetzt verblöden. Lustig aber irreführend.

Ich bin überzeugt, es war in meiner Umgebung einer der schwersten Fehler in Fragen der Demokratie, während der 1980er-Jahren nicht ausreichend ernst zu nehmen, daß sich in Europa eine "Neue Rechte" herausgebildet hatte, die keineswegs in das liebgewonnene Klischee von bierdunstigen Dumpfbacken und bescheuerten Hackfressen paßte.

Da waren smarte Leute angekommen, die intellektuell und rhetorisch keineswegs neben sich standen. Ich kann nur sagen: Seht euch um, die haben es weit gebracht!


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