23. Dezember 2008
Kaffeetrinken mit Vogeltanz. Unpräzise. Denn er trinkt Tee. Und er geht streng ins
Büro, zeichnet, zeichnet, zeichnet. Es wird wohl die bisher umfangreichste Folge aus den
Anger Diaries. Am Rande des Weihnachtstrubels haben wir eine angenehm ruhige
Nische gefunden.
Der Anlaß liegt darin, daß kultur.at nun
etwas anderes werden wird. Und zwar ohne mich. Ich denke, es war im Februar 2000, als ich
begonnen hatte, unter dieser Domain ein Literaturprojekt aufzuziehen. Acht Jahre. Das
halbe Internet-Zeitalter. Denn weitere acht Jahre davor, etwa 1992/93, war
Österreich an das TCP/IP, also das Protokoll des Netzes der Netze, angebunden worden.
Davor hatte es die VAN gegeben, in der damals naheliegenden Schreibweise v@n, die Virtuelle
Akademie Nitscha.
Was für schrullige Ideen ich hatte! (Ein kleiner
Überblick dieser Geschichte ist HIER
zu finden.) Damals war das durchaus eine besondere Sache. Über diese Domain kultur.at
zu verfügen. Heute erscheint mir das für meine Vorhaben nicht mehr wichtig. Die Dinge
sind längst ganz anders geordnet. Mein Plauderstündchen mit Graphic Novelist Jörg
Vogeltanz hatte noch einen anderen Anlaß.
Ich wühle mich zur Zeit durch ungezählte Spielzeug- und
Modellautos, durch Sammelgegenstände und Bücher. Es gilt, eine Auswahl davon zu ordnen,
sachlich zu gruppieren, dazu die passenden Geschichtchen zu schreiben. Im Frühjahr wird
es im Gleisdorfer MIR (Museum im Rathaus) eine
Spielzeugausstellung geben, zu der ich einen Beitrag erarbeite. Das sollte auch eine kleine Publikation nach sich
ziehen, deren Gestaltung ich mit Vogeltanz erörtert hab.
So verbringe ich Teile der Nacht mit dem Kramen in
Spielzeug. Und mit Filmen. Denn mein Hauptprojekt für 2009, next code: crossing,
hat eine Ebene, auf der es um Filme geht. Wie vielleicht auch um Paris Texas von Wim
Wenders, geschrieben von Sam Shepard. Am Anfang dieser Liebesgeschichte hängt an einem
entlegenen Ort ein Bilderrahmen, in dem folgende Notiz zu entdecken ist:
>>The dust has
come to stay. You may stay or pass on through or whatever.<< (Der Staub ist gekommen
um zu bleiben. Du magst bleiben oder weiterziehen oder was auch immer.)
Ich vermute, so lapidare Sichtweisen bedürfen einer weiten
Landschaft, bedürfen erheblicher Wegstrecken und Dimensionen, welche die Biographien
ganzer Dorfgemeinschaften zu verschlucken imstande sind. Österreich hat nicht ausreichend
Raum für solche Zustände. Dafür haben wir eine mutmaßlich an alpinen Tälern geschulte
Art der Engstirnigkeit, über die ich in letzter Zeit öfter Menschen aus meiner Umgebung
befrage.
Es ist einigermaßen beunruhigend, welchen Stand der Dinge
vor allem meine Generation herbeigeführt hat. Wir sind offenbar aus den Umständen der
Nachkriegszeit heraus zu keinen ausreichend brauchbaren Schlüssen gekommen, um passable
Zustände zu bewirken.
Dazu kommt ein kurioser Hang zum Irrationalen, der auch in
den politischen Themen durchschlägt. Ich habe mich vor wenigen Wochen ausgiebig
gewundert, daß der Politiker Jörg Haider auf dem Boulevard quasi heiliggesprochen wurde,
nachdem er sich bei einer Autoraserei im betrunken Zustand um sein Leben gebracht hatte.
Letzten Freitag fand ich in der "Kronen Zeitung" eines von mehreren
Beispielen, wie sich nun Leute verlassen fühlen, weil ihnen politischer Führerschaft
verloren ging, und wie sie derzeit auf den Knien herumrutschen, um das heidnische
Heiligenbildchen von jenen Flecken freizubekommen, die da vom realen Haider hinterlassen
wurden.
[kontakt] [reset] [krusche] |