3. Dezember 2008

Ich weiß nicht mehr, vor wie vielen Jahren ich von Engpässen in der Kork-Produktion gelesen habe. Portugal? Ich denke, Kork-Eichen haben dort besonderen Boden. Inzwischen sind Kunststoff-Korken längst ein gewöhnliches Ereignis. Auch Schraubverschlüsse werden nicht mehr als Hinweis auf billige Ware verstanden. Kork verschwindet.

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Dadurch verschwindet vielleicht auch eine Geste aus dem Katalog kultivierten Benehmens. Es war üblich, eine kleine Menge Wein ins eigene Glas zu gießen, BEVOR man den Gästen einschenkte. Doch das eigene Glas durfte zum Auftakt nicht gefüllt werden, sondern bloß mit so viel Wein bedacht, daß allfällig enthaltene Korkstückchen der Flasche entnommen würden. Wird sich diese Geste halten, wenn es nun keine Korkstückchen mehr gibt?

Das ist keineswegs eine müßige Frage. Meine Computer-Tastatur ist eine "QWERTZ", was eine Anordnung der Lettern meint (erste Buchstabenreihe!), die physiologisch gar nicht so praktisch ist. Sie entstammt der Zeit, als die Typenhebel in mechanischen Schreibmaschinen sich leicht verheddern konnten, was damit minimiert wurde, daß es eben diese "QWERTZ-Anordnung" gab, die in der Welt aktueller elektronischer Schreibgeräte keinen praktischen Sinn mehr ergibt. Aber wir haben sie noch auf unseren Keyboards, von denen keine Hebel mehr bewegt werden.

Cut!

Carlos Saura erzählt in seinem Film "Carmen" eine Geschichte von Liebe und Eifersucht. Im Verschmelzen von Bizets Opernarien und dem Flamenco in seinen verschiedenen Ausdrucksformen: Gesang, Instrumentalmusik und Tanz.

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An einer Stelle heißt es in einem der Lieder, niemand habe Mitleid mit dem Liebenden, der von Eifersucht gefressen werde. Saura würdigt in diesem Film die Kultur der Gitanos, setzt sie auf die gleiche Bühne, also auf gleiche Höhe mit der westlichen "Hochkultur", der Literatur und der Oper.

Das Italien der EU hat in den letzten Jahren mehrfach ausufernde Attacken gegen Roma zugelassen. Im Ungarn der EU gab es in den letzten Wochen solche Attacken gegen und auch Morde an Roma.

Ich kann dieses Geschwätz längst nicht mehr hören, das da und dort gegen jene Völker vorgebracht wird, die während der letzten zwei Jahrhunderte zunehmend gezwungen wurden, ihre Lebensweisen nationalstaatlichen Einengungen unterzuordnen, deren kulturelle Bedrängnis und sozialen Probleme ihnen keinen Schutz einbringen, sondern bloß stets erhöhten Druck.

Da wie dort ist es eine nationalstaatliche Innenpolitik, die solche Minoritäten "benutzt", die sich um manche zeitgemäße Aufgaben herumdrückt und statt dessen nach wie vor einzelne Ethnien preisgibt, als befänden wir uns noch im 19. Jahrhundert.

Es ist mir völlig unbegreiflich, daß ein kultiviertes Europa nicht maßlos stolz ist, zu seiner Kultur die wunderbaren Beiträge der Gitanos, Gypsies, der "fahrenden Völker" zählen zu dürfen ... was aber zur Bedingung hat, daß diesen Völkern Raum und Zukunft gelassen wird, statt sie zu bedrängen.


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