9. September 2008 Das
enorme Grollen hat mich am Wochenende aus dem Haus getrieben. Hinter dem Rathaus war ein
großer Pulk von Harleys aufgefahren. Hochzeitsgäste, die erst ihre schweren Geräte und
dann sich selbst zurechtrückten, sahen der ankommenden Braut entgegen.
Da ich selbst immer wendige Geräte mit
Biß bevorzugt habe, wäre so ein Eisen für mich nie in Frage gekommen. Aber ich
bestaune allemal was sich in dieser Liga gelegentlich zeigt. Diese Maschine würde in
einem ästhetischen Diskurs auf Höhe der Zeit nur als Kitsch-Granate durchgehen. Davon
ganz unabhängig ist sie genauso Ausdruck von symbolischem Denken wie ein Gemälde von
Picasso. Ich hab ein starkes Faible für diese trivialen Spielarten unserer
gestalterischen Möglichkeiten.
Cut!
Die Debatte um den Kaukasus-Konflikt besagt inzwischen,
daß Georgiens Präsident zwar wie ein mäßig kluger Hasardeur gehandelt habe, als er auf
Südossetien schießen ließ, daß er aber gegen kein internationales Recht verstoßen
habe. Denn auch wenn die Provinz als abtrünnig gelte und außerhalb der
politischen Kontrolle Georgiens sei, gehöre sie doch formell zu dieser Nation. Rußland
habe dagegen mit seinem Einmarsch internationales Recht verletzt, da für dieses
militärische Eingreifen keine ausreichenden Gründe vorlägen, die heutzutage eine
Anerkennung der internationalen Gemeinschaft fänden.
Zur Zeit wird außerdem diskutiert, welche Sanktionen man
Rußland dafür aufbürden könne und wer in diesem Konflikt der erste Täter oder
Provokateur gewesen sei. Vieles weist darauf hin, daß man zwei auf Konflikt ausgerichtete
Kontrahenten, wie eben Rußland und Georgien, offenbar schwer davon abhalten kann,
aufeinander zu krachen. Wie viele Tote unter der Zivilbevölkerung waren das eben? Ich
habe die Zahl 2.000 in Erinnerung.
Unter einer Headline im aktuellen profil steht: Nun liefern sich die
Gegner mit Hilfe von PR-Agenturen wilde Gefechte um den moralischen Triumph.
Interessant, was der PR-Fachmann Dietmar Ecker über solche Vorfälle sagt:
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Mir fehlen übrigens
auf unserem Kulturfeld aktuell hinreichende Debatten, was das für uns und für eine
zeitgemäße Demokratie bedeutet, wenn Kommunikationsunternehmen und Medienkonzerne eine
derart exponierte Rolle spielen, um gesellschaftliche Realitäten zu generieren. Das hat ja seine österreichischen Entsprechungen. |
Ich vermisse jene Ansätze und
Praxisschritte, die mir vom Ende der 1990er-Jahre noch erinnerlich sind, wo eine
kulturelle Medienszene sich der Politik gegenüber selbstbewußt aufgestellt
hat und zugleich an Modellen von best practice arbeitete. (Siehe Linzer Erklärung!)
Freilich ändern sich gesellschaftliche Verhältnisse stets, also müssen sich auch Modi
und Modelle ändern.
Dabei ist es weder wünschenswert, noch erforderlich, die
eigentliche künstlerische Praxis in eine politische oder soziale Pflicht zu nehmen. Denn
die Kunst sei frei, daran brauchen wir nicht zu rütteln. Aber wie ich nicht 24 Stunden
pro Tag in künstlerischer Praxis zubringe, habe ich Anlässe und Interesse, als
Professional an einem bestimmten kulturellen Klima in meinem Lebensraum zu
arbeiten.
Im Augenblick rundet sich das nach einem Arbeitsgespräch
mit Sandra Kocuvan, die Gleisdorf kurz besucht hat. Sie betreut in der Kulturabteilung des
Landes Steiermark den Bereich Film und Regionale (Abteilung 9 -- Kultur). Das ist für uns
quasi ein zweiter wichtiger Bezugspunkt gegenüber Gerald Gigler, der in der Abteilung 16
-- Landes- und Gemeindeentwicklung für die Leader-Regionen der Steiermark zuständig ist.
Es gibt nun offenbar zwischen ihnen und der regionalen Leader-Managerin Iris Absenger Konsens, daß ein
Vernetzungsprojekt von Kulturschaffenden zu unterstützen sei.
Verbesserte Bedingungen für Kunstschaffene, die ihrerseits
zu Professionalisierungsschritten bereit sind, was unter anderem bedeutet, ein höheres
Organisationslevel anzustreben. Das bearbeiten wir gerade bei kunst O.ST.
(Siehe dort den Eintrag
#22!)
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