20. Juli 2008 Die Gruppe
"collabor.at" hat im Rahmen
der "regionale 08" in Feldbach eine "lokale zentrale" eingerichtet.
Dort hieß es gestern "heute filme!". Das Lokal am Ende des Hauptplatzes hat die
Adresse Bürgergasse 42. Eine ähnliche Lage, wie man sie in Gleisdorf findet, wo vom
Hauptplatz eine Bürgergasse ausgeht. Das muß also seinerzeit eine soziale Sensation
gewesen sein. Endlich nicht mehr der Bauernschaft zugerechnet zu werden.
Vorne links, außer Sicht, ein Bankomat. Was mir
einbrachte, daß ein junger Kerl sich dort Nachschub für das Wochenende holte. Er war aus
einem exzellent erhaltenen Wagen gestiegen, der mutmaßlich aus Großmutters Garage
stammt, denn alles daran sah nach Erstzustand aus.
Der 127er Fiat aus dem Jahr 1977 war übrigens nicht der
einzige Klassikerfund auf einem kurzen Gang durch das Zentrum von Feldbach. Aber
natürlich ging es gestern um andere Schwerpunkte. Johanna Reiner von
"collabor.at" hatte geschrieben:
>>die regionale-karte ist grafisch an landkarten
angelehnt, widerspiegelt aber persoenliche sichten und idiosynkratische besonderheiten,
die bei den recherchen wahrgenommen wurden. sie differenziert verschiedene lesarten
innerhalb eines heterogenen kuturbegriffs und visualisiert tendenzen und zustaende der
kunst und kultur der region sued-ost- steiermark.<<
Eine charakteristische Eigenschaft, die der
"Szene" anhaftet, verbirgt sich hier hinter dem moderat wirkenden Wort
"idiosynkratisch", was lexikalisch unter anderem so beschrieben ist: "besonders starke
Abneigung u. Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Personen, Lebewesen,
Gegenständen, Reizen, Anschauungen u.Ä."
Das haben wir unter uns Kunstschaffenden abseits von
Landeszentren vor allem durch die Mischung aus sozialer Marginalität, fehlender medialer
Aufmerksamkeit und der üblichen Eitelkeit an uns, die in unserem Metier kaum verborgen
werden muß, sondern als angeblich berufsspezifische Eigenschaft offen gepflegt werden
darf.
Das Abkupfern urbaner Kunstbetriebsgepflogenheiten ist uns
leider auch nicht auszutreiben. In dieser Art von Kopiergeschäft tut sich dann das
"Provinzielle" ganz erbarmungslos auf. Es dauert also noch an, bis da neue Modi
erdacht und eingeführt sein werden. Aber zurück zum gestrigen Abend.
Der reale Richard Frankenberger und die virtuelle Gerti
Grossegger gaben Anlaß zu Debatten über den Betrieb. Die amüsante Konfrontation der
"K.U.L.M."-Leute mit dem
Bürgermeister und dem Kulturbeauftragtem von Weiz rund um die Frage, was ein angemessener
Umgang mit der Arbeit von Künstlern sei, ist Teilgegenstand eines Videos. Die Kontroverse
hatte sich am unangemessenen Verfahren mit einer "K.U.L.M."-Ausstellung im
Weizer Kunsthaus entzunden.
Eine von mehreren Erfahrungen, durch die offensichtlich
wird, daß viele Kräfte der Regionalpolitik noch nicht gar so vertraut damit sind, daß
sie sich Anforderungen stellen müssen, die öffentlich debattiert werden, wenn es zu
Dissens gekommen ist. (Seit der Antike die Grundübung der Demokratie: Öffentlicher
Diskurs im öffentlichen Raum!)
Man stelle sich vor:
Menschen gehen zu einer Kunstveranstaltung. Da wird ihnen eine Reihe von betulichen
Künstlerinnenportraits per Video eingespielt. Anschließend gibt es eine Lesung von Gerti
Grossegger. Das Ganze wird von vorne bis hinten wesentlich in einer Einstellung abgefilmt
und wir durften es uns gestern ansehen.
Im Paket enthalten:
Eine moderierenden Zahnärztin, die einen erheblichen Teil des Videos damit verbraucht,
der Nachwelt, so auch uns, alle bedankenswerten Personen und Firmen dieses Ereignisses
herzubeten. (Manche davon zweifach.)
Das ist ein medialer Albtraum. Statt etwa die Autorin real
nach Feldbach mitzubringen, oder das Videomaterial zu einer eigenständigen Erzählung
aufzuarbeiten, wird gerade weitergeschrieben, wie im Dorf Kirchberg die urbane
Kunstinszenierung kopiert wurde, ganz im Stile bürgerlicher Salonereignisse aus
vergangenen Zeiten, und dieses Mißverstehen von kulturellen Optionen der Gegenwart wird
schließlich auch noch reproduziert.
Damit ist man zugleich dem Nimbus auf der Spur, über den
zuweilen nur gestaunt werden kann. Dieser unbändige Wunsch vieler, im Geruch der Kunst zu
stehen, mit Kunst in Verbindung gebracht zu werden. Ein Sujet, das hier noch bearbeitet
werden sollte ... (Siehe dazu auch Eintrag #84
beim Log von "next code"!)
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