1. Juli 2008

>>Neue EU-Verträge nur mit Volksabstimmung: Europa muss sozialer werden, über die EU muss besser informiert werden und die Bürger sollen bei künftigen Vertragsänderungen das letzte Wort haben.<<

Wie beunruhigend, wenn Regierende sich vom Boulevard her vorsagen lassen, was opportun sei. Nach einem "Dauerbeschuß" der Regierung durch "Reservepolitiker" aus den Redaktionen der "Krone" und ähnlichen Blättchen haut sich der Kanzler an die Stammtischbesatzungen heran.

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Dafür verwöhnen uns die Regierungsparteien seit ich weiß nicht wann mit der stets wiederkehrenden Nachricht, daß man einander eine Katastrophe sei. (Quelle: "Der Standard") Auf der Website der SPÖ steht weiters zu lesen:

>>Denn die Zustimmung der österreichischen Bevölkerung zur EU im aktuellen Euro-Barometer beträgt nur noch 28 Prozent, Österreich liegt damit an letzter Stelle. "Europa ist einfach zu wichtig, um angesichts eines solchen Stimmungsbildes zur Tagesordnung überzugehen", sagt Bundeskanzler Gusenbauer.<< [Quelle]

Wir erfahren dabei aber NICHT, wie diese Situation ganz grundlegend damit zu tun hat, daß die Österreichische Innenpolitik seit jeher darauf setzt, jeden Vorteil sich selbst anzuheften und jeden Nachteil der EU. Es wird dem Pöbel nach dem Maul geredet, wenn es um die großen Emotionen geht, daß die "Nation Österreich" in höchster Gefahr sei, von äußeren Feinden bedroht und von innen angeblich einer "Parteiendiktatur" ausgesetzt ... so tönt es laufend vom Boulevard, wo man nicht wissen will, was eine Diktatur eigentlich ist. Eine innenpolitische Stümperei, die nicht abzureißen scheint ...

Cut!

Daß man auf dem Boulevard gut dastehen möchte, vor allem auch VORKOMMEN möchte, also sichtbar sein will, ist ein recht durchgängiges Motiv. Ich finde das natürlich auch auf dem Kunstfeld, wo mir in letzter Zeit auffällt: Da wird in meiner Umgebung öfter über PR-Arbeit als über künstlerische Inhalte und Vorhaben diskutiert. Im Logbuch von "kunst O.ST" habe ich notiert [Quelle]:

>>Ich frage daher bewußt polemisch:
Mehr Styling oder mehr Inhalt?<<

Denn es erscheint mir problematisch, wenn man sich als Künstler selbst auf die Kulturseiten reklamiert, indem man den Medienleuten vorhält, sie würden bloß auf Quote achten, also gewissermaßen "die falschen Leute" promoten.

Natürlich muß ich als Künstler ökonomisch überleben und daher meine Arbeiten publizieren, mich öffentlich präsent halten. Muß ich aber deshalb die Sprachregelungen der Ökonomie übernehmen und die Verwertungslogiken des Marktes zu meinen eigenen machen?

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Künstler ILA hat das so formuliert:

>>In einer Gesellschaft, die sich sozusagen zunehmend über Quoten definiert, das bedeutet, daß sozusagen das passiert, was Tauglichkeit erlangt darüber, daß es viele wollen, und dadurch ist es ökonomisch machbar [...] Mit anderen Worten, es ist nicht mehr ein philosophisches Konzept, was wir bewundern, sondern das was funktioniert.<<

Ein Ausschnitt aus der "transit zone": [Quelle]

Marketing. Public Relations. "Positionierung von kunst O.ST als innovative, flexible und interaktive Marke im oststeirischen Raum." Fehlt bloß noch die Zuschreibung "nachhaltig". Das ist verräterisch, denn es ist "Kapitalismus-Karaoke".

Es kann zum Beispiel eine Marke nicht "interaktiv" sein. Sowas dachte man seinerzeit schon über Software; erinnert sich jemand? "Interaktive Software". Menschen sind interaktiv. Wenn alles gut geht. Eine Marke ist es sicher nicht.

Innovativ. Was für ein Fetisch-Wort! Was für eine Phrase! Bevor all diesen trüben Kategorien auf den Tisch kommen, möchte ich dann doch lieber fragen:
+) Was IST und was TRÄGT das Werk, zu dem wir in der Lage sind?
+) Was haben wir damit zu erzählen?
+) Sind wir fähig, etwas mehr in die Waagschale zu werfen als bloß das Produzieren von Ästhetik?

Vor allem aber:
+) Vermag ich in meiner Profession als Kunstschaffender dem Geplapper der Werbeagenturen zu widerstehen?
+) Habe ich andere Sätze und Bilder anzubieten als die Boulevardpresse?
+) Bin ich in der Folge eventuell bereit, ein WENIGER an öffentlicher Sichtbarkeit in Kauf zu nehmen, weil ich gängige Strategien der Marktschreier ausgeschlagen habe?

Mir liegt daran, solche Fragen zu klären ...

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27•08