18. Juni 2008 Ich hab
gestern meine Fragen zu jenem Fähnchen-Theater notiert, das anläßlich der Fußball-EM
vor allem von einer Boulevardzeitung promotet wurde, zum Zweck der Eigenwerbung, aber auch
... zu welchen weiteren Zwecken eigentlich? In anderen Ländern, zu anderen Anlässen,
fallen so allerhand Wimpel etwas großflächiger aus.
Ich habe es 2001 zum ersten Mal in den USA gesehen, daß im
Straßenverkehr beflaggte Autos und sogar Motorräder dominieren. Ich war im Oktober,
wenige Wochen nach der Attacke auf das World Trade Center, in das kleine Städtchen Easton
gekommen, um einer Einladung zur "Sixth Annual Conference on Austrian Literature and
Culture: Visions and Visionaries in Literature and Film of Modern Austria" [link] zu folgen. Solche
beflaggte Fahrzeuge und äußerst rüde TV-Spots der Armee machten Teile eines sehr
beklemmenden Szenarios aus, in dem ich mich mehrere Tage staunend bewegt habe.
Daran dachte ich nun beim Film "American Gangster".
Ridley Scott erzählt die Geschichte über fast drei Stunden hinweg und mir ist kein
anderer Moment aufgefallen, der einen vergleichbaren Ausschnitt zeigt. Der Weg, den das
Flugzeug in dieser Sequenz nimmt, läßt an den Anflug auf einen der Towers des WTC
denken.
Ich hab dann nachgesehen, ob die Achte, also Manhattan
Avenue, Kreuzung 116. Straße West, einen örtlichen Bezug zum "Ground Zero"
hat. Das ist nicht der Fall. Bei der Gelegenheit kam ich allerdings ins Staunen, wie ich
-- via Web -- von meinem Schreibtisch in der Oststeiermark aus diese Kreuzung
("Straßenansicht") betrachten kann: [link] ... um festzustellen, daß dort die Masten für Ampeln und
Schilder offenbar älterer Art sind als jener, den Ridley Scott im Film zeigt. (Neben
Laternenmasten, die eher nach dem 19. Jahrhundert aussehen.)
Ich hatte gestern gefragt, welchen Inhalten ein
Patriotismus gewidmet sei, der ein "Vaterland" betont. Ich habe gefragt: "Enthält
die österreichische Verfassung einen Passus, der ethnische Vorgaben macht?" Dazu
setze ich als Denkanstoß gerne das Gedankenspiel, ich sei zwar Österreicher, dürfe aber
unangefochten aufhören Deutsch zu sprechen, wenn mir danach sei. Es gäbe keine Handhabe,
mir deshalb den Status als amtlich "gültiger" Österreicher abzuerkennen.
"Ich habe diese frei Wahl nicht, kein Deutsch zu
sprechen", sagte Sängerin Irina Karamarkovic in einem Gespräch, daß ich gestern Abend mit ihr
und der Kunsthistorikerin Mirjana
Selakov geführt habe. Das ist eine sehr interessante Überlegung fü Einheimisch,
für all jene, die gerne ganz unüberprüft ein bestimmtees "Wir" mit bestimmten
Eignschaften ausgestattet, als fast schon "naturgegebenen" Standard
voraussetzen.
Welche Konsequenzen hängen an der Nutzung bestimmter
Sprachen oder an deren Unkenntnis? Die aus dem Kosovo stammende Karamarkovic erzählte,
daß ihr von der Behörde vorgeschrieben worden sei, einen Deutschkurs zu besuchen. In
völliger Ignoranz der Tatsache, daß sie in Österreich studiert hat, Abschlüsse errang,
überdies als Autorin zwei Literaturpreise für deutschsprachige Texte gewonnen hat.
Polemisch verkürzt könnte es so gesagt werden:
Wir haben offenbar nicht bloß so unsere Probleme mit Österreichs multiethnischer
Vergangenheit; denn bis 1918 war das Österreich der Habsburger immerhin (nach Rußland)
der zweitgrößte SLAWISCHE Staat der Welt. Wir haben auch so unsere Probleme mit einer
multiethnischen Zukunft, gegen die sich allerhand "vaterländisch" orientierte
Leute nach Kräften quer legen.
[kontakt] [reset] [krusche] |