29. Mai 2008

Die trivialen Seiten meiner Geschäfte haben mir wieder einige Zeit mit einem EDV-gestützen Brocken eingebracht, der alles andere als ein Zwergerl ist, sich aber Dank umfassender „Assistenzsysteme“ durch die Gegend schmeißen läßt wie ein Gocart. Das ist schon etwas Gespenstisches an Blockhütten wie diesem neuen Ford Kuga, über den mir der Händler augenzwinkernd sagte: „Den gibt’s in Österreich noch gar nicht.“ Zumindest noch nicht lange, denn der Tachostand hielt bei 41 Kilometer.

log1133a.jpg (30382 Byte)

Wie sehr ich in diesen Dingen konservativ bin, läßt sich daran ermessen, daß ich an so heißen Tagen wie den gegenwärtigen bei solchen Hütten als erstes die Klimaanlage abschalte und die Seitenfenster einziehe. So kriegt man wenigstens ein bißl von jenem Kontakt zur Welt zurück, den einem die smarte EDV bei jedem Fahrmanöver abzwackt.

Cut

Es sind inzwischen einige Rückmeldungen zu meinen etwas harschen Ausführungen anläßlich der „Quoten-Debatte“ in Gleisdorf eingegangen. [Siehe die Doku!] Ich MUSS diese Linie verfolgen, weil mir inzwischen schon völlig unerträglich ist, wie manche erwachsene Menschen jene Legenden glauben, die sie sich selbst aus Echos und Stereotypen bezüglich des Daseins von Kunstschaffenden zusammengeklittert haben. Und sie glauben dieses Geschwurbel nicht bloß, sie referieren es auch offenbar bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Das sind (pardon!) antiaufklärerische Attacken, welche jenen Leuten zuarbeiten, die das Kunstfeld gerne auf eine „Kultstätte des Wahren, Guten und Schönen“, auf eine Weihestätte des „Erhabenen“ und der Erbauung zurechtstutzen möchten.

log1133b.jpg (25608 Byte)

Von links: Michael Tschida (Kleine Zeitung), Peter Wolf (ORF Steiermark),
Thomas Wolkinger (falter), Carola Peschl (forum stadtpark)

Ich habe also Terrain zu verteidigen. Aber! Die Quotendebatte vom letzten Dienstag. Für mich steht im Zentrum nach wie vor die Frage, wie denn hier „Die Künstler“ und da „Die Medienprofis“ in einen brauchbaren Diskurs kommen sollen, wenn eine Reihe von Grundlagen und grundlegenden Kategorien höchst ungeklärt und weitgehend der Phantasie überlassen sind.

Ich meine, es müßte doch einigermaßen dargelegt werden, in welchen Positionen man sich sieht und welche RELATIONEN zwischen diesen Positionen daher zur Debatte stehen können. Da jeder Text von Kontext und vor allem von Subtext begleitet wird, möchte ich in vielen (nicht allen) Situationen durchaus wissen: WER spricht da? Mit welchem Selbstverständnis wird welche Rolle eingenommen? Ist dieser Aspekt ausgeklammert, kann ich in so einer Lage nicht über soziokulturelle Phänomene diskutieren.

log1133c.jpg (30011 Byte)

Von links: Die KUnsthistorikerinnen Sigrid Meister und Mirjana Selakov,
Gleisdorfs Kulturbüro-Leiter Winfried Kuckenberge

Künstler. Das ist mein Beruf. Meine Profession. Ergo verstehe ich mich als Profi auf dem Kunstfeld. „Künstler aus Berufung“ halte ich dagegen für ein Motiv aus dem Reich von Privatmythologien. Ich denke, „Beruf“ ist eine soziale Kategorie, „Berufung“ eine psychologische. Wer das beliebig mischt, wird sich fragen lassen müssen, wie er/sie es mit Vorstellungen von intellektueller Redlichkeit hält.

Ich habe natürlich auch meine privaten Mythen. Die fließen in mein Werk ein, sind aber nicht Gegenstand meiner kulturpolitischen Fragestellungen. Dagegen ist mein Werk wiederum nicht Gegenstand meiner kulturpolitischen Fragestellungen; ihm sind andere Diskurse gewidmet. „Berufung“ ist etwas äußerst Subjektives, ist ein Thema der Transzendenz.

Philosoph Erwin Fiala hat es in seinem Vortrag bei unserer Station „next code: cruise“ ziemlich unmißverständlich ausgedrückt: „Reine Subjektivität ist nicht vermittelbar. [...] Sie kappt das Band der Kommunikation.“ Was auch Vox populi bestätigt, wenn es von dort tönt: „Über Geschmack läßt sich nicht streiten.“

Wenn ich also mit Kolleginnen und Kollegen meiner „Branche“ öffentlich ans Diskutieren gehe, über Bedingungen des Kunstschaffens, über die Mediensituation, möchte ich ihnen zurufen: „Laßt’s bitte Eure Berufung zuhause, reden wir über Politisches.“

Das Private, das Subjektive, das Außerrationale, überhaupt vieles, aus dem wir vermutlich in der künstlerischen Praxis schöpfen, erörtere ich AUCH gerne. Aber in anderen Settings. Das würde ich auf keiner Bühne tun, keinem Publikum widmen. Unsere Reise nacht Westserbien war so ein Ding. In diesen verrückten Tagen, in diesem derangierten Transporter, mit dieser wunderbaren Reisegesellschaft, waren reichlich Momenten der Erörterung solcher Aspekte. (Siehe „idem na divan“!)

Ich bin kein Schausteller, der Jahrmärkte bereist. Ich bin definitiv nicht in irgendeinem „Sensationsgeschäft“ tätig. Ich bin ein Professional mit klar beschreibbaren und debattierbaren Vorstellungen von „Professionalität“. Darin gibt es, so könnte man sagen, der Welt zugewandte und von ihr abgewandte Seiten. Da ist über manches zu schweigen. Aber wenn wir Gegenstände der Demokratie verhandeln, muß eines der Grundgebote wohl lauten: „Nennen Sie Ihre Gründe!“

kup.gif (410 Byte)


[kontakt] [reset] [krusche]

22•08