29. April 2008 Es ist eine
Annehmlichkeit, das Weltgeschehen oder auch bloß das Landesgeschehen einige Zeit zu
ignorieren, um sich den bloß eigenen Dingen zu widmen. Darum verdutzt mich, was ich eben
vorfinde. Nachdem es in Österreich zu einigen weiteren spektakulären Kriminalfällen
gekommen war, höre ich von konservativen Regierungsteilen den Ruf nach noch mehr Kameras
und Überwachungssystemen im öffentlichen Raum.
Idiotes! So nannte man im alten Griechenland Menschen, die
sich von der Welt abwandten und in ihren Häusern Genügsamkeit an sich selbst fanden.
Reden wir statt dessen darüber, was die conditio humana sei. Reden wir über düstere
Seiten der Menschen und über die kulturellen Kräfte, um dem entgegen zu wirken. Wo die
Politik suggeriert, sie hätte Mittel, um Menschen verläßlich vor einander zu
beschützen, wird gelogen.
Das Waffentragen sollte sowieso nur gut geschulten und
staatlich autorisierten Menschen gestattet sein. Der Rest einer Gesellschaft muß, wie
erwähnt, über kulturelle Mittel verfügen, denn man kann nicht allen Menschen einen
Wächter zur Seite stellen. Auch darf nicht der öffentliche also POLITISCHE Raum durch
umfassend angebracht Überwachungssysteme ausgelöscht werden.
Hier dürfte kaum wer auf die Idee kommen, es müsse
technisch hochgerüstet überwacht werden. Die stille Zufahrt zum "Skulpturenpark" nahe Graz
war unlängst eine erste Station auf Rückwegen aus dem Trubel des primären
Kunstgeschehens.
Dann, Sonntag morgens, durch stille Gassen von Graz, aber
wer ist da schon umtriebig? ILA rückte
auf der Straße die Tische eines Cafés zurecht, um mutmaßlich ein kräftiges Frühstück
auftragen zu lassen. [>>idem na divan<<]
In Gleisdorf lief derweil schon eine weitere Gesangsprobe
für "next code:
exit" und dann brachte Dragan Protic von "Skart" seine stickenden
Männer auf den Kirchriegel. Ich hänge inzwischen weiter dem Vorhaben Provinz war
gestern! an. Zum Thema Gegenwartskunst besteht erheblicher Diskussionsbedarf, nicht
bloß hier in der Region, auch in den Metropolen. Der Vortrag von Philosoph Erwin Fiala im
Gleisdorfer zeit_raum hat diese Aufgabe betont. (Siehe Eintrag vom 25. April 2008!)
Im 20. Jahrhundert wurden viele davor vertraute Regeln des
Kunstgeschehens über Bord geworfen. Wenn alles geht, bleibt nur mehr
Beliebigkeit, mit der Folge, daß Politik und Ökonomie definieren, was Kunst sei. Wenn
keine Fragen nach Wahrheit gestellt werden, setzen sich die Fragen nach Effizienz durch.
Fiala legte seine Analyse der Entwicklungen aus mehreren Jahrzehnten vor und kam dabei zum
Schluß: Die Theorie, keine Kunsttheorie zu haben und zu brauchen, fördert eine
Tendenz zur Beliebigkeit; die bringt völlige Orientierungslosigkeit.
Denn: Was als Kunst gilt, ist von historischen
Bedingungen abhängig. Und die müssen stets neu geprüft und geklärt werden.
Geschichtlichkeit bedeutet Vergleichbarkeit. Fiala erinnerte daran, daß
Kunstschaffende sich einst nicht nur der künstlerischen Praxis, sondern auch dem Forschen
und der Theoriearbeit gewidmet haben. Ein Zugang, den die Crew von next code: cruise
pflegt.
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