7. April 2008
Die gute Nachricht: Auch das sind also noch Themen im
offenen visuellen Diskurs, wie er sich durch Graz zieht. Das Ringen um die
Definitionsmacht über die Oberflächen der Stadt ist ein Streitgespräch zwischen Eliten
und Randgruppen.
Es wird dieser Tagen in den Medien häufig das Jahr 1968
thematisiert. Was für eine romantische Geste in diesen Tagen und Jahren, wo meine
Generation, ein Konglomerat von "Post-68er-Seilschaften", keinen Beweis schuldig
geblieben ist, daß man es sich jederzeit anders überlegen kann, um sich hinter die
Aufklärung zurückzuwünschen.
Ich wühle freilich auch oft genug in Vergangenheiten.
Das Ausgraben von Tonband-Kassetten hat mich an etwas
erinnert, was mir unlängst auch bei einem alten Film aufgefallen ist. Da ist ein
spezieller Reiz in der Möglichkeit des Mediums, sich zu einem Teil des Wahrnehmbaren
machen. Kratzspuren auf laufenden Bildern, Abrieb des Filmmaterials. Hat mich das je
gestört? Und das ganz spezielle Rauschen einer stark abgespielten Vinyl-Schallplatte.
Ja, es gab diese Hi Fi-Bewegungen. Die werden heute wohl
nicht verebbt sein. Armdicke Kabel zu einbetonierten Lautsprechern. In meiner Umgebung hat
sich damals niemand eines dieser teuren Laufwerke mit so schweren
Plattentellern gekauft, daß man sich damit hätte gegen einen Kampfhund verteidigen
können. Laufruhe galt als einer der Garanten für hohe Wiedergabetreue.
(Treue zur Wiedergabe wovon? Alles Karajan!)
Aber ich erinnere mich gut an Naßspielsysteme,
die wir uns anschafften, wobei die Plattenrille über eine kleine Bürste geflutet wurde,
um die Nadel quasi unter Wasser zu dämpfen. Genau! Die Rille. Singular. Eine nette
Gedankenfalle für Blitzgneißer. Man wurde manchmal gefragt, wie viele Rillen
eine Schallplatte habe. Die Antwort mußte natürlich heißen: Zwei. Vorne eine und hinten
eine, die sich je in Spiralform eindrehen.
Also. Wiedergabetreue. Ich bin zwar fassungslos, welcher
Schmus mich seinerzeit begeistert hat, wenn ich heute von einer Kassette ein frühes Album
von Billy Joel höre. Aber das eigentümliche Rauschen der Schallplatte, die längst nicht
mehr existiert, ist ein verlorenes Kulturgut, das mich anrührt.
Wer erinnert sich an das mühsame Geschäft, die
Ausgleichsgewichte der Plattenarme passend zu justieren? Metallstück an feinen
Kunststoffschnüren, kleine Pendel, die das Auflagegewicht der Nadeln minimieren mußten.
Gerade so sehr, daß die Nadel nicht aus der Bahn gerissen wurde und der Tonarm über die
Platte rutschte.
Das spielt im Alltag heute alles keine Rolle mehr.
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