23. März 2008
Dieses Bild als Schnittpunkt zweier
"Ereignislinien". Graphic Novelist Jörg Vogeltanz hatte den vorigen Eintrag, wo es um die Frage ging "Was ist Kunst?", so
kommentiert:
>>wer das beantwortet, bekommt den nobelpreis und
eine tafel schokolade :-)<<
Ein guter Anlaß, das Thema zu fassen. (Siehe dazu den aktuellen Eintrag
im Logbuch von "next code"!) Es gibt mehrere gute Gründe, die Debatte dieser
Frage nicht auszuschlagen. Der naheliegendste davon bezieht sich darauf, die
Deutungshoheit in der Sache nicht allein anderen Professionen zu überlassen. Zur Theorie
gehört dann freilich schnell die Praxis, gehören auch Fragen der Vermittlung.
Anton Lederer von <rotor> ist da beispielsweise einer schlichten Überlegung sehr
zugänglich. Man wird jenseits eines Landeszentrums, in der "Provinz", in der
"Region", weder die Dichte noch die Verfahrensweisen finden, die
Kunstinstitutionen etwa in Graz haben und pflegen. Eine Urbanisierung ländlicher Gebiete
erscheint dagegen als Unfug.
Dagegen wären da einige Kooperationsformen zu erproben,
auszuloten, die einen wechselseitigen Nutzen ermöglichen und so zu einer Stärkung der
Bedingungen für Gegenwartskunst bringen können. Komplementäre Schritte.
Polemisch verkürzt wäre zu sagen: Die "Moderne"
hat in der Kunst ihre Wurzeln recht deutlich um 1800. Die Debatten über Kunst haben
Zuschreibungen wie "Postmoderne" und "Postpostmoderne" längst
durchlaufen. Da sollte es uns eigentlich möglich sein, jene Muster, die im 19.
Jahrhundert etabliert wurden, vor allem dieses Denkmodell "Zentrum/Provinz",
loszuwerden.
Cut!
Es erreichen mich neuerdings wieder lustige Botschaften,
freundliche Zeilen wie:
>>na hast du mit dem alten SS ordensburgzoegling
schwarz den weg nach admont geschafft, in den kuttenbunker, ...<<
Was sich wenigstens auf den vorigen Eintrag bezieht, auch auf die Reise
nach Stift Admont, wo Hannes Schwarz eine Dauerausstellung gewidmet ist. Daß Schwarz mit
zwölf Jahren in eine Ordensburg der Nazi gesteckt wurde, ist kein Geheimnis, sondern --
ganz im Gegenteil -- offener Gegenstand seiner Auseinandersetzung mit diesem Regime und
dieser Ära. Es besteht auch allgemein keinerlei Zweifel daran, daß Schwarz auf sich
selbst in diesen Dingen große Schonungslosigkeit angewandt hat. Ich arbeite übrigens
gerade an Videodokumenten, die das demonstrieren. Inzwischen erfreue ich mich an
Zuwendungen wie:
>>Krusche, du bewegst dich auf den abgrund zu
Du bist ein gewaltbereiter terroristischer schlaefer Und waffennarr Krusche hast
ueberhaupt einen waffenschein, Du fuchttelst auf deiner website auffaellig oft mit Waffen
herum Fuer wenn, das weiss man noch nicht, Aber es laesst sich bereits einiges
belegen<<
Warum das hier überhaupt ein Thema ist? Unser Teilprojekt
"next code:
divan" ist für einige Zeit Programmteil der "Regionale 08". Diese
Großveranstaltung trägt den Titel "DIWAN -- Grenzen und Kongruenzen", wobei
dort zwei Aspekte hohe Priorität erhalten haben: Die Gegenwartskunst und die
Möglichkeiten von "Ost-West-Dialogen".
Dabei hat ein historisches Motiv Gewicht, das offenbar
immer noch nicht verläßlich aus der Mode gekommen ist. Nämlich die Annahme, daß es
"Herrenmenschen" gebe, denen folglich "Untermenschen" gegenüber
stehen müßten. Das ist hier nun einerseits auf einer Themenleiste angerissen, die unter
dem Titel "Steinerne Verhältnisse zum Tanzen bringen" steht.
Das findet andrerseits Transparenz in den Gesprächen mit
dem Maler Hannes Schwarz, der davon quasi eine "Innenansicht" gewinnen konnte,
der zu erzählen weiß, wovon es genau handelt, zu einem "Herrenmenschen"
erzogen zu werden.
Schwarz, hier mit der Künstlerin Angelika Haas, legt in
atemberaubender Weise offen, was da an Methoden und Konsequenzen zu erfahren war. Er
schafft vor allem Evidenz für etwas, das in Österreich so vielen so sehr schwer fällt:
Offenheit und kritische Reflexion der eigenen Teilhaberschaft am verbrecherischen Regime
der Nazi.
Dabei wird übrigens auch sehr drastisch sichtbar, welche
Rolle der Kunst, besser: der künstlerischen Praxis in solchen Prozessen zukommen kann.
Das bringen wir auch in unserem heurigen Beitrag für das Festival "steirischer
herbst" zum Ausdruck. Als Teil unserer Trilogie, die nach Südosteuropa hinein
führt, geht es diesmal um Kunstschaffende, die sich unter Milosevic mit ihrer Arbeit
gegen die Aktivitäten dieses Regimes gestellt haben: "next code: exit".
[kontakt] [reset] [krusche] |