29. Dezember 2007
Es schmilzt zur Zeit so allerhand. Nicht nur der Schnee.
Auch die Bürgerrechte. Mit dem neuen Jahr tritt ein überarbeitetes
Sicherheitspolizeigesetz in Kraft, das der Polizei erlaubt, ohne richterlichen Befehl
Aktionen durchzuführen, die eines Polizeistaates würdig sind. Aktuell: Standortdaten von
Mobiltelefonen abfragen, IMSI-Catcher einsetzen und Netzbetreiber zur Auskunft über
dynamische IP-Adressen zwingen.
>>Nun ist der IMSI-Catcher ein Gerät, das
zuallererst dem Abhören von Handy-Gesprächen dient, indem es sich als Basisstation im
Mobilfunknetz ausgibt. Inwieweit ein solcher IMSI-Catcher dazu notwendig sein soll,
vermisste Menschen zu lokalisieren, dazu schweigen sich die Unterlagen zum Gesetz
allerdings aus.<< [Weitere Details]
Kritisiert man solche Entwicklungen, ist oft zu hören, wer
nichts Verwerfliches getan habe, müsse solche Maßnahmen auch nicht fürchten. Blödsinn!
Haben wir in diesem Jahr nicht verfolgen dürfen, wie in höchsten Wiener Polizeikreisen
Mißstände aufgedeckt wurden, die einem die Nackenhaare aufstehen lassen? (Stichwort:
Horngacher.)
Frische Evidenz, daß man natürlich auch bei der Polizei
für Korruption, Eigennutz und verdeckte Intentionen anfällig ist wie in jeder
Branche. Eine bewaffnete und mit großer Logistik ausgestattete Körperschaft im Lande,
dafür ohne dichte Kontrolle ihres Tuns? Hilfe! Lieber nicht!
Die Exekutive Österreichs hat sich in verschiedenen
Bereichen keineswegs für eine Minderung von Kontrolle qualifiziert. Bleibt rätselhaft,
was die Zuständigen der Christlichsozialen und der Sozialdemokraten bewegt, eine
derartige Novelle durchzuboxen.
Cut!
Pietro N. Hausn dient der "Kleinen Zeitung" sicher schon
seit Jahrzehnten als Karikaturist. Sein feiner Stil verlangt notorisch nach aufwendigen
Beschriftungen seiner Blätter, damit man kapiert, worum es geht.
Allerdings hat sich mir in der gestrigen
Ausgabe des Blattes nicht erschlossen, warum der wackere Mann den Hintergrund Serbiens mit
einer Moschee ausstaffiert. Denn dort ist die Mehrheit der Menschen, falls religiös, vor
allem serbisch-orthodox, nicht moslemisch. Die "byzantinische Schwester" des
"weströmischen Mutterschiffs" ist im katholischen Österreich offenbar eine
große Unbekannte.
Anders betrachtet: So illustriert man eben den
traditionellen Blick Österreichs nach dem Süden, wo man zu Kaisers Zeiten Leute jenseits
der alten Militärgrenze als "schlecht getaufte Türken" ansah. Als
"christlich" wird hier doch nur gewertet, was als römisch-katholisch gilt. (Die
Protestanten mußten sich unlängst erst von höchster römischer Stelle ausrichten
lassen, daß sie nicht so ganz "amtlich" seien, wenn man "Kirche"
sagt.)
Nimmt man dazu, wie gegenwärtig auf dem
Boulevard sowohl "das Türkische" als auch "das Muslimische"
konnotiert ist, nämlich sehr abschätzig, erhellt sich Hausns Botschaft: Serben =
schlecht getaufte Türken = außereuropäisch, folglich mit dem Halbmond bekränzt. Das
hätte man seinerzeit im "Völkischen Beobachter" nicht besser hingekriegt.
Cut!
Zeit für Neujahrswünsche, hm? Pardon! Aber:
Nicht mit mir. Das Wünschen wird uns nichts Anderes oder Neues bringen; ich würde lieber
über das Wollen reden. Was wollen Sie? Wo soll es lang gehen? Und wie soll sich das
ereignen? Also: Was wäre zu tun?
[kontakt] [reset] [krusche] |