5. November 2007 Da war
unlängst Post aus Serbien, die unter Augenzwinkern der Absenderin besagte: "naechsten
sommer musst du unbedingt mit mir hier kommen. sonst werden alle denken dass du uns nicht
magst." Kuratorin Mirjana
Selakov hat in Beograd eben eine weiterführende Station von "next code:
love" vorbereitet. Als Teil des "Belef" (Belgrader
Sommerfestival). Nach dieser Paraphrase der Gleisdorfer Station geht es in einen neuen
Abschnitt, der sich zwischen Gleisdorf und Beograd spannen wird. Als Teil des dortigen
"Oktobersalon".
Zum Vorgeschmack für die Fahrt in den Süden hab ich nun
"Oblatne" kennengelernt. Eine aus der osmanischen Kultur stammende Süßspeise,
zu der eine Créme aus Milch, Honig und Nüssen zwischen Teigschichten gepackt wird. Ich
denke, es wäre lohnend, einmal zu überprüfen, was alles von den uns geläufigen
Bäckereien seine Ursprünge im Osmanischen Reich hat. Nimmt dann den Kaffee dazu, dessen
Genuß wir auch von da übernommen haben, wird klar, daß ein Kernbereich leiblicher
Genüsse, die wir als zutiefst österreichisch verstehen, ohne die Jahrhunderte unserer
Nachbarschaft mit den Osmanen undenkbar wäre.
Ich hatte mich bei der Eröffnung unserer Ausstellung im
September mit der serbischen Germanistin Dragica Katanic
über meine Anfälligkeit für Sevdalinke unterhalten. Sie behielt das in Erinnerung und
hat mir nun eine CD von Safet Isovic geschickt.
Das türkische Wort "sev" steht für Liebe, das
slawische "dah" für Atem. "Sevdah" ist ein Zustand, der von einer Art
fröhlichen Schwermut handelt, in der Leidenschaft etwas Tragendes ist. Daraus erwuchs
eine Musik, die rund um Bosnien vermutlich dem entspricht, was der Fado in Portugal oder
der Blues im Mississippi-Delta ist.
Cut!
Tage des Totengedenkens. Im Zentrum Gleisdorfs ist ein
Stück der Kirchenmauer geschmückt. Dort wäre zu fragen, was genau eigentlich das Wort
"Helden" meint.
Was ist das Heldenhafte der sinnlosen Toten zweier
Angriffskriege, einmal von Habsburgern und Hohenzollern vom Zaun gebrochen, einmal von
Deutschen und Österreichern in der Gefolgschaft Hitlers? Was birgt dieser Begriff? Welche
Unschärfe wenden wir auf uns selbst an, wenn wir derart trüben Kategorien Denkmäler
setzen ließen, die auf solche Art gepflegt werden?
Das läuft auch im Alltag stets, meist schon unter unseren
Wahrnehmungsschwellen. Derlei Kleinbürger-Karaoke, das Dreschen leerer Phrasen. Wie etwa
in der "Kleinen Zeitung"
vom letzten Donnerstag. Was soll den sowas sein, "wahre Werte"? Noch dazu im
Rang einer Headline. Wäre demnach ein Wert noch ein Wert, wenn er als unwahr qualifiziert
werden muß? Würde er da nicht schlagartig aufhören ein Wert zu sein? Die Praxis des
Pleonasmus als Aufwertungsgeschäft ... wovon? Die Aufwertung von unwahren Werten. Wozu?
Getöse. Karaoke.
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