30. Oktober 2007
Prächtiges Weiß. Noch nicht der Schnee des Winters,
sondern ein 190er Benz, mindestens 50 Jahre alt. Ein Lichtblick in den Gleisdorfer
Regentagen, die gerade noch einmal erinnern mochten, was man hier gewöhnlich unter
Herbst versteht. Nun haben wir den Uhren nach wieder Winterzeit, die Sonne ist
erneut heraußen, am Horizont stehen interessante Optionen herum, das sind also belebende
Tage.
Ich habe am Wochenende die vergnügliche Gelegenheit
gehabt, einem handwerklich höchst versierten Mann zur Hand zu gehen. Georg Enzinger, der
bei der kommenden Station von "next code" dabei sein wird, hat hier eine Menge Nägel und
Schrauben aus dem Holz geholt, während wir uns über jene Quellen unterhielten, aus denen
in vielen Bereichen, aber speziell in der Kunst zu schöpfen ist. Oder umgekehrt gedacht:
Wie kam es denn überhaupt zu den Kompetenzen, die uns befähigt haben, das Neanderthal zu
verlassen?
Symbolisches Denken. Um sich nicht in einem
"Henne-Ei-Dilemma" zu verfangen, nimmt man vermutlich am besten an, daß sich da
was in Wechselwirkungen aufgeschaukelt hat. Ästhetische Erfahrungen sind vor allem
Erfahrungen des Wahrnehmens. Wodurch hat unsere Spezies wohl angefangen, die Körper, die
Werkzeuge, die Gebrauchsgegenstände und die Waffen zu verzieren, zu schmücken? Und
wodurch mögen sich daraus erwachsende Qualitäten von vordergründig nützlichen Dingen
abgelöst haben, um sich eigene Objekte zu schaffen? Etwa Kunstwerke?
Und da draußen sind Leute, die halten das für ein
"Orchideen-Fach". Idioten! Keiner, der sich für etwas Besseres hält, könnte
tun, was er tut, wenn wir nicht generell als Art jene Fertigkeiten entwickelt hätten, die
sich in der Kunst so unmißverständlich ausdrücken ... aber freilich auch in anderen
Bereichen.
Symbolisches Denken liegt etwa den Möglichkeiten zugrunde,
mögliche Welten zu imaginieren, quasi "Parallelrealitäten", die einer
wohlvertrauter Konsensrealität jene Kontraste verschaffen, durch die das, was man zu
sehen gewohnt ist, etwas anderes wird.
Für das Projekt "Never Been To Teheran"
habe ich eben begonnen, eine imaginäre Reise in einen imaginären Iran zu unternehmen.
Ich bin nicht der Einzige, der sich in der Art aufgemacht hat. Wir sind quasi ein Rudel
Reisender, aus verschiedenen Weltgegenden aufbrechend. Es wird also voller Überraschungen
werden, zu sehen, was wir finden können.
Was immer das sein mag, "Der Iran", er dient
gerade sehr stark als Projektionsfläche. Das müssen ja ganz andere Leute sein, mag man
annehmen. Anders als wir ... so beginnen immer die Vorbereitungen für Massaker. Daß
ausdauernd behauptet wird, "die" seien ja ganz anders als wir. Ich mißtraue
solchen Tönen zutiefst.
Ich WEISS natürlich, daß man das so nicht feststellen
kann. Wie obszön diese Drohungen sind, zu denen sich westliche Staatsoberhäupter eben
erst aufgerafft haben. Diese Aufforderungen, den Iran zu bombardieren, zu denen ich mir
jedes Mal dachte: Ihr könnt den Iran nicht bombardieren. Ich habe einen Freund dort. Er
hat einen Namen, ein Gesicht, ein Leben. Er heißt Amirali Ghasemi, ist ein Künstler und
ein lebensfroher Mensch.
Es wird mir gar so gerne vom Bombardieren gesprochen; von
Menschen, deren Glaubwürdigkeit wenig wiegt. Mit Gründen, die mir auch nicht
glaubwürdiger erscheinen. Es hat in den letzten Tagen ein Gespräch gegeben, das mir sehr
zu denken gab. Das gelangte an seinem Ende auch zum Thema Massaker.
Wie waren wir dazu gekommen? Es kam Handke darin vor und der jugoslawische
Sezessionskrieg. Da war dann diese Frage, womit denn eine Regierung reagieren würde, wenn
sich ein Teil des Staates aus dem Verbund lossagen möchte. Wenn also, auf Österreich
bezogen, etwa Kärnten einseitig seine Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit erklären
würde.
Was müßte Kärnten dazu haben? Für den Anfang:
Waffendepots, eine eigene Miliz, eine Polizei, juristisches Personal und eine eigene
Regierung. Wie würde Wien reagieren? Ich meinte, der Präsident würde das Bundesheer in
Gang setzen. Schließlich müßten mindestens die Miliz und die Polizei Kärntens
entwaffnet werden, um die staatliche Ordnung wieder herzustellen. Ich halte es für
undenkbar, daß der Staat auf seinem Territorium bewaffnete Verbände dulden könnte, die
NICHT reguläre Verbände Österreichs sind. Die Polizei allein wäre sicher mit der
Aufgabe überfordert, die Entwaffnung hoch gerüsteter Mannschaften zu bewerkstelligen.
Wie auch immer, mein Gesprächspartner meinte, er halte es
für undenkbar, daß man dafür das Bundesheer in Gang setzen würde. Ich denke dagegen,
kein souveräner Staat wird dulden, daß ihm das Gewaltmonopol streitig gemacht wird. Auch
das sich als gemütlich verstehende Österreich wäre darin natürlich keine Ausnahme.
Ich hab gerade nachgesehen. In Artikel 79.2.1 unserer Verfassung
heißt es unter anderem, es sei Aufgabe des Bundesheeres:
- zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer
Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner und
- zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren
überhaupt ...
verfügbar zu sein. Bliebe die Frage offen, ob die
Abspaltung eines Bundeslandes als Gefährdung der "Ordnung und Sicherheit im
Inneren" zu werten wäre. Lassen Sie mich raten: Ja?
Lassen Sie mich weiter raten: In so einem Falle würde die
Regierung eher nicht alle Kärntnerinnen und Kärntner zu Heurigen einladen, die Partie
niedersaufen, und Kärnten danach wieder in die Republik eingliedern.
In einem "Milizinfo"des
"Bundesministeriums für Landesverteidigung" hieß es auf eine Art, die
Sezession wohl als realistische Option ausschließt:
Existenzsicherung
Zweck der Sicherheitspolitik ist es somit, jene
politischen Maßnahmen zu setzen, welche darauf ausgerichtet sind, für alle Lebensbezüge
eines Staates Sicherheit zu gewährleisten. Dazu zählen politische Selbstbestimmung
ebenso wie regionale bzw. internationale Interessenswahrnehmung und Aufrechterhaltung der
Souveränität.
Cut!
Michael Roloff schrieb mir letzte Nacht: "you'll love this
photo!" Dem ist nicht zu widersprechen. das Foto wurde von der "Henry Art Gallery" verschickt und
zur Weitergabe empfohlen:
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