2. Juli 2007
Die Baustelle im Zentrum der Stadt ist noch
nicht erledigt, aber weit fortgeschritten. Hinter der Kirche wird das Terrain schon
belebt. Kapellmeister Sigfried Teller ist nicht nur mit traditioneller Blasmusik-Literatur
befaßt. Während zu Füßen des Ensembles sich das Pfarrfest entfaltete, gingen es oben
auch mit Jazz-Klassikern zur Sache. (Ich hatte mit Teller vor einiger Zeit ein Plauderstündchen.)
Ich war als "praktizierender Heide"
von den Tischen keineswegs ausgeschlossen, es wurden letztlich sogar Optionen meiner
Bekehrung erörtert; was bei vorzüglichem Blauburgunder ja interessant zu besprechen ist.
Historiker Robert F. Hausmann (links) ist überaus geneigt, mich in vertiefende Gespräche
über "Gott und die Welt" einzubeziehen. Und ich ahne, es wird ihm zugleich
Anlaß sein, schmunzelnd darüber zu spekulieren, wie weit man mir "das
Rebellische" ausgetrieben habe.
Obwohl wir uns weitgehend einig sind, daß an
Rebellion nicht all zu viel Interessantes ist, außer daß sie manchmal Bestehendes
hinwegfegt, um damit ein "Vakuum" zu erzeugen, das sich erst wieder mit den
"alten Übeln" füllt.
Jenseits dieser Optionen, Rebellion hat mich
in der Tat noch nie sonderlich interessiert, muß man es mir inzwischen wohl als
"Gesetztheit" auslegen, daß es heute, wie mir berichtet wurde, nicht mehr
heißt: "Naja, der Krusche!", sondern: "Naja, der Herr Krusche!"
Cut!
Im Projekt-Logbuch zu "next code:
love" hatte ich mich darüber alteriert, daß der Journalist Michael Tschida beim
Thema "Regionale 2008" das Thema "Diwan" mit folgender Headline
aufgemacht hatte: "Mehr Geruch nach Kebap" [LINK] Das ist ja
in der Tat ein eher unerfreuliches Metaphernergebnis in diesem Zusammenhang. Aber wie kam
es dazu? Tschida schrieb mir:
>>Nur eine kleine Korrektur:
"Mehr Geruch nach Kebap" war keineswegs eine tendentiöse Anmerkung meinerseits,
sondern das (etwas veränderte) Zitat aus dem Interview mit dem Intendanten Dieter Spath,
der dem Festival-Rohkonzept mehr Tiefenschärfe geben will und bemängelt, dass es
(sinnbildlich, Zitat) "zu wenig nach Kebap riecht", sprich: in seinen Augen zu
sehr historisch und nicht im Alltag geerdet ist.<<
Da meine ich nun freilich: Um so
beunruhigender. Daß der Intendant selbst solche Motive evoziert. Aber wir haben wohl zur
Kenntnis zu nehmen, daß all die Arabesken, Chinoiserien, schwülstigen Orientphantasien
und kraftvollen Abschätzigkeiten, daß die Träumereien von "Schönen Wilden",
daß Propaganda und Geblöke aus den wenigstens letzten 200 Jahren ihr Wirkungen eben bis
heute zeigen. Das verführt dann eventuell, sich über "den Orient", über
"den Balkan", über das "Entlegene" in solchen Bildern zu äußern und
verständigen.
Cut!
Apropos "Orient". Im Suchen nach den
Bedeutungen des Wortes "Mahala" (Siehe auch Eintrag zu "next code: reel"!),
das, wie ich lese, osmanischen Ursprungs ist, finde ich es nicht bloß auf dem
"Balkan", den die Osmanen ja bis zum Ersten Weltkrieg weitgehend beherrscht
haben. Ich finde es selbstverständlich in der Türkei. Und auch im Iran. Amirali Ghasemi
schrieb nun präzisierend:
>>Ham-mahali referes to person like a neighbour
who lives in the same area.... yes also at the country-sides & in villages<<
Falls man feststellen kann, daß wir nicht nur
einen meteorologischen, sondern auch einen sozialen "Klimawandel" erleben, hier
wird es heißer, da kälter, ist es sehr anregend, reale Formen von sozialen Verbänden
nachzusehen. Was kannten wir schon jenseits der Idee von "Blutbanden"? Das
Römische Recht war vor langer Zeit diesen Überlegungen gewidmet: Wie läßt man
"Vetternwirtschaft" hinter sich, den Vorrang von Familieninteressen, um sowas
wie "gleiches Recht" einzuführen, das unabhängig von "Clanbindungen"
günstige Wirkung für ein Gemeinwesen entfaltet?
Worum geht's? Einerseits: Rechtsstaatlichkeit.
Andrerseits: Intakte soziale Verbände. Das wären Grundlagen, die man über Kontraste
hinweg prüfen kann. Auf dem kulturellen Feld der Interferenzen zwischen lateinischem
Christentum, Orthodoxie und Islam ...
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