16. Juni 2007 Es ist recht
erbärmlich, daß die Berichterstattung über das Siegerprojekt für die "Regionale
2008" mit so einer Headline aufgemacht wird (Quelle: "Kleine Zeitung"):
Feldbach hat unter dem Titel "Diwan" mit einem
Konzept den Zuschlag bekommen, das auf den Dialog mit dem "Orient" setzt und auf
Joseph von Hammer-Purgstall sich bezieht. Daß der Diplomat des Kaisers medial nun als
"Übersetzer" gefeatured wird, läßt schon ahnen: Person und Thema sind
hierzulande nicht gerade populär. Ich weiß noch nicht, wovon das Feldbacher Konzept im
Detail handelt ... schauen wir mal, dann sehn wir schon.
Der bosnische Autor Dzevad Karahasan hatte mir
heuer in einem Gespräch den Rang von Hammer-Purgstall so skizziert:
>>Ich glaube, bis heute hat die beste Geschichte
des Osmanenreiches ein Österreicher geschrieben. Nämlich Joseph von Hammer-Purgstall.
Seine Geschichte in 12 Bänden ist wirklich großartig. Gute Literatur, weil wirklich gut
geschrieben, mit tiefgreifender Kenntnis des alltäglichen Lebens in Bosnien. Der Mann hat
islamische Literatur, Philosophie, Religion recht gut gekannt.<<
Besonders interessant erscheint mir, was Karahasan dann
betonte:
>>Was ich an seiner Geschichte des
Osmanenreiches sehr spannend finde, und sehr wahr, ist, daß er ideologisch
selbstverständlich den Islam ablehnt. Gleichzeitig aber die Kultur, von der er schreibt,
sehr gut kennt und offensichtlich liebt.<<
Da würde also die Latte für Zugänge liegen. Nicht bloß
daran gemessen ist die Assoziation des "Orients" mit Kebabgeruch geradezu
niederträchtig, weil damit implizit das Immigranten-Motiv eingeführt wird und der Blick
so schon vorab sich verengt. (Wenn es wenigstens ein Duft hätte sein dürfen.)
Würden wir nur vom Essen reden, könnte allein ein Blick
in österreichische Konditoreien so manche Köstlichkeit herausstellen, die orientalischen
Ursprungs ist. Vom Kaffee ganz zu schweigen. Und und und ...
Zurück zur "Regionale 2008". Es wird ja spannend
sein zu sehen, wie man da nun einen Schwerpunkt der Gegenwartskunst abseits des
Landeszentrums zu realisieren beginnt. Und wie man sich von politischer Seite ganz konkret
vom alten Genre "Landesausstellung" absetzt. Oder auch nicht. (Legt sich ein
Dampfer in die Kurve?)
Ich hatte auf dem Web-Territorium von Theatermann Ed Hauswirth einige Sound-Files
gefunden, die aus einer Radiosendung mit dem "Regionale"-Intendanten Dieter
Spath stammen. Interessante Clips. Also hab ich bei "Radio Helsinki" nachgesehen und nichts gefunden. Reini Urban
schrieb auf meine Anfrage:
>>nein, von der homepage kann man nichts
runterladen. du kannst allerdings im büro nach einer cd nachfragen, gegen einen kleinen
unkostenbeitrag,<<
Das ist für sich schon eine prima Möglichkeit an manche
Stoffe zu kommen. Aber an diesem Thema gab es offenbar mehr Interesse, also folgte gestern
bald:
>>ich hab gerade den titel und inhalt der
sendung auf die helsinki homepage gestellt. einen mitschnitt auf meinen server zu legen
ist auch möglich. 17:02-18:10 [...] (20MB, konvertiert auf mono 40kbps) link<<
Eine hörenswerte Geschichte, in der eine Reihe
kulturpolitisch relevanter Fragen auftauchen. Aber auch die üblichen ExponentInnen der
Geschwätzigkeit. Ganz bemerkenswert jene zarte Stadtpflanze, deren Lobbyarbeit für die
eigene Sache in Graz Legende ist, die sich hier laut ereifert, wie übel nun all jenen
mitgespielt werde, die sich da draußen, in der Region, in der Provinz, im Entlegenen,
also zum Beispiel da wo ich bin, quasi Tag für Tag "den Arsch aufreißen" ...
wovon dieses parfümierte Zentrums-Pöpschchen gewiß keinen Tau hat.
Also wieder mal Gekläffe im Zentrum, während hier die
Karawanen weiterziehen. Ich bin gerne auf diesen Strecken, die manchmal sehr
gerade und etwas öde sind, wo manchmal ein "Zweiweg-Mog" auf den Schienen
auftaucht, das ist dann schon eine entlegene Sensation in diesem Korridor ... Bei allen
regional- und kulturpolitischen Merkwürdigkeiten, die man hier, die man da draußen
konstatieren kann, es ist eine spannende Aufgabenstellung, dabei der Gegenwartskunst
Räume, Gelegenheiten und Aufmerksamkeit zu schaffen. Das handelt bloß von ganz anderen
Zusammenhängen als die Zentrumsgeschichten.
Eh nett, daß sich Zentrumsleute über uns Land-Eier
Gedanken machen. Ich trau vielen davon bloß nicht. Denn was da kulturpolitisch ernst
gemeint sein sollte, hieße ja konsequent gedacht: Das Landeszentrum muß von seinen
Mitteln und Möglichkeiten an das übrige Land etwas abgeben, da in der Verteilung der
Mittel ein erhebliches Gefälle besteht.
Das hab ich aber in den letzten 25 Jahren eher nicht
feststellen können. Daß die Tendenzen innerhalb unseres Milieus dahin gingen. Was
bedeutet: So manches parfümierte Zentrums- Pöpschchen plus Entourage macht sich auf
unsere Kosten wichtig, schafft sich bei Politik und Medien ins Blickfeld, da ist dann
jedes Thema recht.
"'scuse me, while I kiss the sky!"
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