5. Juni 2007

Es geht schon wieder los: "Strache: Islamismus ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts" [Quelle] Eine bemerkenswerte Headline der vaterländischen FPÖ, kurz nachdem Hace Strache in seinem Amt als Vorsitzender bestätigt wurde und guten Grund hat, davon abzulenken, daß er auf seinem Feld ganz weit rechts mindestens von Ewald Stadler energisch angefochten wird.

Ewald who? "FPÖ: Stadler plant katholische Partei-Institution / Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils.Stadler ist Anhänger der ultratraditionalistischen Pius-Bruderschaft (SSPX)" [Quelle] Da möchte man meinen, die Jungs könnten einander gut ergänzen. Tun sie aber nicht.

Wie auch immer, die Polemik von Strache verschleiert mehr als sie klärt. Die Assoziation von Faschismus und Islam ist sachlicher Unfung. Das unscharfe Verknüpfen von Islam und der Weltuntergangs-Sekte der Dschihadis ist unredlich. Man liest weiter:
>>Der Islam ist nicht nur eine Religion, sondern auch ein totalitäres Rechts- und Gesellschaftssystem und eine politische Anschauung mit eigenen Gesetzen für die Gläubigen.<<

Solche Phrasen unterschlagen völlig, daß es "DEN Islam" einfach nicht gibt, sondern höchst unterschiedliche Schulen und Richtungen innerhalb der geschätzten 1,3 Milliarden Anhänger; denen übrigens (geschätzt) rund 2,1 Milliarden Christen gegenüberstehen.

Was eine streitbare Demokratie leisten sollte, um tyrannische Wege abzubrechen, ist eine Sache. Was pauschales Denunzieren bedeutet, können wir dagegen sehr gut mit Kriterien aus Österreichs Verfassung und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte klären.

Es ist den Menschen Religionsfreiheit garantiert. Nicht nur unserem Bundespräsidenten erlaubt Österreichs Verfassung explizit eine "religiöse Beteuerung":
>>Artikel 62. (1) Der Bundespräsident leistet bei Antritt seines Amtes vor der Bundesversammlung das Gelöbnis: "Ich gelobe, daß ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde." (2) Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig.<<

Wir haben demnach eine eindeutige Rechtslage. Es würde diesem Volk theoretisch freistehen, sich überwiegend dem Islam zuzuwenden. (Praktisch betrachtet wäre das wohl höchst unrealstisch.) Wem das mißfällt, der sollte sich vielleicht um die Abschaffung unserer Verfassung bemühen.

Wäre so ganz nebenbei noch anzumerken, daß Österreich-Ungarn 1908 Bosnien-Herzegowina annektiert hat, daß schon davor muslimische Verbände dem Kaiser gedient haben. In diesem historischen Zusammenhang gründet die schon frühe staatliche Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft durch Österreich.

Was Strache hier tut, handelt so ganz en passant davon, sich die Verfassung dieses Landes privat zurechtzurichten. Das sollte kein Politiker öffentlich tun dürfen, ohne dafür Sanktionen zu erfahren.

Diese Karaoke-Politik verstellt außerdem völlig die Sicht auf realistisches Arbeiten an den konkreten Problemen, die sich faktisch ergeben, da Europa einen wachsenden Anteil islamisch geprägter Menschen hat und damit bisher schlecht zurechtkommt.

Überdies: Mit dem verallgemeinernden Verunglimpfern von Glaubensgemeinschaften haben wir in Österreich so unsere Erfahrungen gemacht. Die Ergebnisse solcher Methoden sind evident ...

[Wir Kinder des Kalten Krieges]

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23•07