8. April 2007
Gestern, ein Tag der Feuer und der Kinder, der
Süßigkeiten und ungezählter harter Eier, der Aufgeregtheiten und kuriosen Geschichtchen
... Aus Serbien hat mich eine SMS erreicht: "eier, kochschinken, jungzwiebel,
weissbrot, kajmak, hilfe!" Die Fülle entfaltet sich quer durch die Länder. Die
Asche und der Rauch haben sich überall im Gewand festgesetzt.
Am Karfreitag habe ich mit Architekt Peter Lidl (unten rechts) Platons
"Gastmahl" aufgegriffen. Das heißt auch, ein Stück Kanon abarbeiten.
(Bürgerlicher Bildungskanon. Ohne Platon geht nix ...) Was tut sich in diesen
Kräftespielen zwischen Begehren und Loyalität? Wonach ist zu entscheiden, wenn sich
darin Widersprüche auftun?
Diese Debatte, wie sie seit einer Ewigkeit und drei Tagen
geführt wird, ist seit rund 2.500 Jahren eben auch schriftlich dokumentiert. Sie berührt
nebenbei, was wir hier in der milden Nachmittagssonne des Karfreitags debattiert haben.
Denn ich frage stets wieder, auf welche Arten sich die "interne", besser noch:
informelle Hierarchie der Kleinstadt auswirkt und ausdrückt.
Kein Zufall, daß die Akteurinnen und Akteure solcher
Formationen meist auf erste Anfrage von der Hierarchie nichts zu wissen meinen. Über
Details, kleine Schilderungen von Szenen, Auffälligkeiten, über ein Skizzieren der Codes
wird es dann aber durchaus besprechbar.
Diese Angelegenheiten handeln freilich vom Begehren und den
Phantasien, in denen es sich ausdrückt. Das habe ich nun symbolisch an einem der
ältesten Häuser Gleisdorfs festgemacht. Bleibt abzuwarten, was sich da weiterführend
anknüpfen läßt: "Symposion".
Das war ferner auch Anlaß, etwas lange Aufgeschobenes
endlich anzugehen, nämlich die "Landkarten der Ereignisse" neu zu ordnen und in
das Projekt "next code" quasi einzuziehen: "Maps".
So wächst die Aussicht, jene "Bühne" oder quasi
"Leinwand" sichtbar zu machen, als die ich einen Teil dieser Region mir
angeeignet habe, um dieses Feld zu bespielen. Eine sehr praktische Befassung mit den
Fragen, wie sich öffentlicher und privater Raum zu einander verhalten.
Was haben wir hier noch an Zusammenhängen? Karfreitag, der
Tag, an dem man sich in unserer Kultur auf den Tod des Nazareners konzentriert. Diesmal
durch das Eingehen auf Platons "Das Gastmahl" kontrastiert. Worin es um die
Liebe, um den Eros geht, in der Darstellung also um einen älteren Mythos. Aber beide
Motive sind eben der Liebe gewidmet. Durchaus unterschiedlichen Deutungen der Vorstellung
von Liebe ...
Kanon. Also die Ergebnisse von Vorgängen, wenn Menschen
von der Deutungskompetenz zur Deutungsmacht gelangen. Literaturwissenschafter Klaus
Zeyringer hat das in seinem neuen Buch "Ehrendrunden
im Salon" bearbeitet. Immer wieder dieses: "Wer darf sagen, was es
ist?"
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