10. März 2007

log909a.jpg (26565 Byte)

Es ist nicht ganz amtlich, wenn ich meinem Dämon Vogeltanz über die Schulter schaue, während er noch in der Entwurfsphase tätig ist. Und wenn ich daraus Details preisgebe. Aber ich bin, wie gestern schon angedeutet, von diesem Abschnitt der Prozesse sehr fasziniert. Wo etwas wird, formal auf den Punkt kommt, wenn auch, wie hier, teilweise noch Blindtext im Einsatz ist, wenn Platzhalter dem Kommenden Raum sichern, wenn sich dies und jenes noch ändern mag ...

log909b.jpg (25433 Byte)

Und ich bin gebannt, wenn ich sehen kann, wie jemand Komplexität mit außersprachlichen Mitteln zur Kommunikation überleitet. Dieses "Erzählen", das uns mit anderen, vor allem auch fernen Menschen verbindet.

Daß man sich selbst in solchen Prozessen gelegentlich fremd werden kann, ist dabei wichtig. Unverzichtbare Momente. Die sich oft nur einstellen, wenn es eben diese prozeßhaften Verstrickungen gibt.

Ich hab gar keine andere Wahl, finde mich in der Suche nach jeweils nächsten Klärungen zum prozeßhaften Arbeiten getrieben; auch in die Auseinandersetzung mit Menschen aus verschiedenen Disziplinen und Kulturen gedrängt. Ständig beginnt etwas, kaum etwas endet, nichts mag auf sich beruhen. Ich muß also meine Projekte langjährig anlegen und bearbeiten, der Komplexität laufend Überschaubares abringen, um diese Überschaubarkeit erneut zu verlieren.

Es ist mir nie ganz klar, ob mich diese vielen Möglichkeiten, die jeder Eingrenzung widerstehen, vor allem glücklich machen oder zur Verzweiflung treiben.

log909c.jpg (20634 Byte)

Aber in der kontinuierlichen Kommunikation mit den inspirierten Menschen, die sich auf meine Vorhaben einlassen, findet diese „art under net conditions“ immer wieder faßbare Bahnen, in denen ich handlungsfähig bleibe und mich zurechtfinde.

Cut!

In der abgelaufenen Woche bin ich wieder einem sehr haltbaren Klischee begegnet, welches sich offenbar rund um die künstlerische Praxis nicht aus der Welt räumen läßt. Daß es nämlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Mittellosigkeit und bestimmten Formen der Kreativität gäbe.

Wobei man typische "no na net-Schlüsse" ruhig beiseite lassen mag. Denn selbstverständlich entwickelt ganz andere Strategien und kommt zu anderen Lösung, wer jeden Tag das verbleibende Geld zählen muß und an manchen Tagen überhaupt keines mehr in Händen hat.

Wer dagegen weitgehend frei von finanziellen Sorgen dieser oder jener Tätigkeit nachgeht, pflegt keineswegs die gleichen Modi. Na sowas! Klar! Worum es hier geht, ist eine Gegenposition zu jenem sozialdarwinistischem Geschwätz, das interessanterweise nicht von den Habenichtsen kommt, sondern von den Gutsituierten. Diese dümmliche Unterstellung, Armut oder mindestens Ärmlichkeit sei der Kreativität zuträglich.

Ich sage dazu gerne: Niemand hat ein Talent zur Armut. Warum wohl? Weil Armut demütigt und beschädigt. Eine ganz andere Sache wäre selbstgewählte Genügsamkeit, auch: Entsagung. Das Asketische als ein kulturelles Gut hat andere Wurzeln, andere Bedingungen, also auch andere Wirkungen, denn aufgezwungene Armut.

Solch Debatten, wenn künstlerisches Tun der Anlaß ist, machen auch darauf aufmerksam, wie verwaschen allgemein die Vorstellungen sind, was künstlerische Berufe angeht. Professionalität, das ist auch Kunstschaffenden selbst oft ein inferiores Thema.

So drücken sich schlampige Weihespiele aus, in denen die Weigerung vorherrscht, über jene Ebenen von Kommunikation zu reden, in denen Geld das Medium ist und der Austausch von Geld einen unverzichtbaren Teil der Interaktion ausmacht. Statt dessen wird das Kunstfeld zu einer idealisierten "Sonderzone" stilisiert, in der Geld als etwas Anrüchiges gilt. Was für ein Unfug!

Prüderie in diesem Bereich ist etwas Sektenhaftes. Jemandem zu unterstellen, daß geringes Einkommen der Kunst gut täte, ist eine infame Art der Herabwürdigung, die man mindestens bei den zynischen Ökonomen des Frühkapitalismus erdacht und beschrieben findet. Wo solche Kreaturen den Fürsten empfahlen, das Volk hart anzupacken und knapp zu halten, damit ein ausreichender Antrieb zur Arbeitsleistung entstehe.

kup.gif (410 Byte)


[kontakt] [reset] [krusche]

10•07