5. März 2007
Der Sozialhistoriker Robert Hausmann und die Buchhändlerin
Helga Plautz, beide in unser Projekt
"next code: love"
verwickelt. So rundet sich nun das Vorhaben mit seinem Kern an künstlerischer Praxis,
seinen begleitenden Schritten auf der Metaebene und einer Rückbindung ins "reale
Leben" des Alltags.
Dabei werden auch
Autoren dieses Buches mit ins Spiel kommen: "tandem" (Polizisten
treffen Migranten. Literarische Protokolle). Plautz meint, schon ihr Vater habe sie vor
Illusionen gewarnt, es seien wohl kaum mehr als etwa ein Drittel der Menschen mit
anspruchsvoller Literatur erreichbar. Man müsse das auch nicht verurteilen. Darin sind
wir d'accord. Denn die Literatur muß als Appell gelten und es hat den Menschen
freizustehen, sich auf diesen Appell einzulassen oder auch nicht.
Wir sind uns ebenso einig, daß ja immer noch das Triviale jenen offensteht, die das
Komplexere ausschlagen. Der Kitsch ist dort verfügbar, wo die Kunst nicht Fuß gefaßt
hat. (Und er reicht gelegentlich sehr anregend in die Kunst hinein.) Außerdem hat er was
Wichtiges zu bieten. |
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Die Möglichkeit zu ästhetischen Erfahrungen und der
Praxis von symbolischem Denken. Dabei ist es nachranging, welches "Niveau"
erreicht wird. Die Praxis zählt. Denn die ist nun mal unverzichtbare Basis, besser: das
Basislager, von dem aus man dann vielleicht zu anderen Gefilden aufbricht. Oder eben auch
nicht, das steht einem, wie erwähnt, frei. (Siehe dazu auch die Notiz "Kosaken und
andere Helden ...": link!)
Es ist dies eine Zeit enormer Veränderungsschübe. Solche
Vorgänge ängstigen. Das führt dazu, alles Vertraute, auch wenn es Vergangenes ist, eher
zu schätzen als das Ungewisse. In solchen Zusammenhängen ereignet sich das Abrücken
Richtung "geschlossene Gesellschaft". Das ist weder überraschend, noch schwer
zu verstehen.
Aber was sind nun die Felder und Handlungsmöglichkeiten,
um eine aufgeschreckte Gesellschaft offen zu halten? Wie und wo setzt man solche Optionen
durch, wenn es sich verbietet, derlei Schritte zu "verordnen"?
Im Grunde liegen da einige ganz simple Möglichkeiten nahe.
Nicht das Predigen, sondern das eigene Handeln bietet die Aussicht, Positionen offen zu
halten. Da ist es freilich nicht das Kunstfeld allein, schon gar nicht sind es a priori
und vor allem Kunstschaffende, die das gewährleisten. (Obwohl ich solche Attitüden vor
allem auf dem Kunstfeld häufig finde.)
Erst wo Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen gelegentlich
Schnittpunkte zu einem gemeinsamen Handeln finden, bleibt in all den Rückzugsprozessen
von unter Druck geratenen Gesellschaften, bei solchen Tendenzen der Abschottung, etwas
offen.
Ich vermute, das ist dann überhaupt einer der nützlichsten Orientierungspunkte. Sich
auf "Pforten" zu konzentrieren, wenn eine Gesellschaft längst angefangen hat,
sich zu verschließen. Im Sinne von: Nicht die Schließung zu verwerfen und die Öffnung
zu predigen, sondern die Schließung zu begreifen und die Öffnung zu praktizieren.
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