12. Dezember 2006>>Farben sind Ränder des
Weissen.<<
schrieb Hansjörg Quaderer in seinem Text
"peripher". Die gestern erwähnte
Debatte über das alte Denkmodell von "Zentrum / Provinz" wird, wie es aussieht,
eine interessante Verzweigung nach Liechtenstein bekommen, wo wir die Station "next code:
in between" realisieren wollen.
Ein Staat aus den Tagen Metternichs, über den
mir Quaderer schrieb:
>>es hat hier kein vormärz stattgefunden. nur
eine ganz leise flaschengärung, ohne klärung. ohne knallende korken. und wenn, dann
höchstens in ein paar kellern.<<
Wir haben in Österreich noch das vormals
imperiale Wien in Sicht, wodurch sich viele Neuauflagen von
"Zentrum/Peripherie"-Entwürfen nahegelegt haben. Noch näher wäre uns freilich
Graz, das immerhin als Sitz der steirischen Landeshauptmannschaft einst für die
Militärgrenze zwischen Habsburgern und Osmanen zuständig war. Weshalb man der Steiermark
ganz gerne die Zuschreibung "Brücke und Bollwerk" anhängt.
Das ist ein durchaus anregendes Bildchen. Wie
ginge es denn, vom Bollwerk zur Brücke zu gelangen? Folgt man den vaterländischen
Anstrengungen unserer Politik, stehen die Zeichen eher auf Bollwerk. Das Motiv macht immer
wieder neu Karriere. In allen Weltgegenden. So stand gestern auf der Eins im "Standard":
Das wäre zum Lachen, wenn es nicht so bitter
wäre. "Ja, mach mal!" möchte man dem Falken zurufen, der reichlich Gelegenheit
hatte, genau das nicht zu schaffen, obwohl er die mächtigste Armee der Welt bewegen
durfte. Was vielleicht ein Hinweis darauf ist, daß die Idee an und für sich nichts
taugt. Aber zurück zu Liechtenstein. An anderer Stelle schrieb Quaderer:
>>In einem Anfall von
Schonungslosigkeit stelltest Du fest: in Liechtenstein kannst Du wohnen & arbeiten,
aber nicht auch noch hingehören.<<
Einmal mehr die Frage: Wo stehen wir in einem Europa, das
von Kant, Napoleon und Metternich geprägt wurde? So folgt kommenden Sonntag der Schritt
zu "langsamkeit:
kaffee trinken", wo wir eine weitere Markierung setzen, um die Linie von Wien über
Serbien in die Türkei und weiter in den Iran zu legen:
Apropos Serbien! Es kursiert zwar immer noch die Annahme, Serbien habe den Ersten
Weltkrieg verursacht, das macht aber für 1914 keinen besonders plausiblen Eindruck. Denn
es waren schon geraume Zeit ganz andere Mächte damit beschäftigt, nicht bloß Europa,
sondern einen großen Teil der Welt unter sich aufzuteilen.
Deutschland spielte in der Kolonialgeschichte eine nur geringe Rolle, Österreich so
gut wie keine. Weshalb die Habsburger es vorzogen, sich den "Balkan" nutzbar zu
machen. WER also da WAS verursacht hat, muß man eher an realen Kräftespielen festmachen.
Der Rückzug der Osmanen vom "Balkan" weckte in Europa eine große Zahl von
Begehrlichkeiten. Für einige südslawische Völker, Serbien vielleicht am exponiertesten,
war es nicht wünschenswert, nach 500 Jahren osmanischer Herrschaft nun unter die
Regentschaft der Habsburger zu kommen.
Österreich hatte Bosnien & Herzegowina 1908 völkerrechtswidrig annektiert. Daß
der Thronfolger Franz Ferdinand dann ausgerechnet am 28. Juni 1914 in Sarajevo öffentlich
auftrat, wurde auf südslawischer Seite als unerträgliche Provokation empfunden. Wie auch
nicht? Der 28. Juni ist der "Vidovdan", der Jahrestag der serbischen Niederlage
gegen die Osmanen auf dem Kosovo Polje, wodurch man 1389 unter türkische Herrschaft
gekommen war.
Die Schüsse des jugendlichen Gavrilo Princip hatten dem Kaiser Franz Joseph einen
höchst unbeliebten Aristokraten vom Hals geschafft und einen Vorwand geliefert, den Krieg
zu eröffnen. Obwohl das gestellte Ultimatum an Serbien sehr umfassend erfüllt worden
war. Princip war der Prozeß gemacht worden, er hat das Gefängnis nicht überlebt.
Apropos Kosovo Polje! Als Autor Peter Handke noch günstig im Wege stand, um in den
Zeitschriften für Rauschen zu sorgen, war das Thema noch ein wenig im Blickfeld. Aber
jetzt? Was geschieht in dieser Region?
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