24. November 2006
Ich hatte gestern Gelegenheit, mir wieder einmal anzusehen,
was harte Jobs unter harten Bedingungen sind. Nach solchen Gängen bin ich mehr als froh,
daß ich mein Geld hauptsächlich am Schreibtisch verdienen darf.
Ich konnte mir die Wollsdorfer Lederfabrik von innen ansehen.
Möbelbezüge. Innenausstattungen für Autos und Flugzeuge. Wie weit uns doch aus dem
Blickfeld gerückt ist, wovon der Begriff "Schwerarbeit" handelt. Die Grundlage
einer Konsumgesellschaft ist. (Und da ist noch nicht einmal von China die Rede.)
Cut!
Es ist ja nicht so, daß hier niemand mehr
darüber nachdenken wollte, welche Position Kunstschaffende eingenommen haben, um der
Situation, die gerne und oft beklagt wird, kaum interessante Perspektiven zu eröffnen. Im
Sinne von: Es kann doch nicht ausschließlich an den Anderen liegen, wenn es einem auf
diesem Feld schlecht geht.
Mit Christian Wabl, Leiter der
"Alternativen Universität" an der "Grünen Akademie", hatte
ich eben ein sehr anregendes Gespräch zum Thema. Er war ganz überrascht, daß unsere
Ansichten gar nicht derart divergieren, wie er angenommen hätte.
Ich werd halt bloß rasend, wenn einschlägige
Gespräche unter Künstlern zu 80 Prozent von Jammern handeln und zu 20 Prozent davon, was
einem FRÜHER schon gelungen sei, was man also geleistet habe ... Wabl neigt ja nicht zu
solcher Attitüde, aber ansonsten finde ich mindestens in meiner Generation solche
Zugänge sehr verbreitet.
>>du siehst, mir fehlt leider die
contenance, auf die ein freundlicher mensch nicht verzichten sollte.<<
... schrieb ich ihm nach unserer Begegnung,
denn diese 80/20-Geschichte hat ja was von einem Kameradschaftsbund, in dem räsoniert
wird, wie beschissen die Gegenwart sei, während man selber in der Vergangenheit doch
schon, also damals in Stalingrad, ja, was für Zeiten! Und was für eine Kameradschaft!
Man merkt, das ist ein wenig gruselig ...
Vor allem macht mich rasend, wenn in eben
dieser 80/20-Situation dann hartnäckig beklagt wird, was eben die Politik alles nicht
leistet, was diese und jene IG Kultur alles nicht leistet, dies zutiefst unpolitische und
überhaupt bewußtlose Gejammere ist zum Wegrennen.
Immerhin, und das hat mich vergnügt, Wabl
neigt ganz und gar nicht zu solch jämmerlicher Haltung, fragt sich statt dessen, was zu
tun sei. Meine Ansicht:
>>aber!
+) kenntnis historischer hintergründe und kontinuitäten
+) selbstreflexion
+) schlüsse ziehen und handlungspläne formulieren
+) politisches verständnis zeigen und daher
+) öffentliche diskurse führen und
+) damit (teil-) öffentlichkeit generieren
... das wäre so eine flüchtige skizze dessen, was sich vorzunehmen lohnen würde.<<
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