18. Oktober 2006
Das ist wahrlich nicht fad. Ein
gravitätisches Herrenzimmer mit zweieinhalb Tonnen Gewicht. So leicht zu bewegen, als
hätten die physikalischen Gesetze grade eine kühne Novelle erfahren. Gestern habe ich
den neun GL von Mercedes bekommen. Eine rund 70.000 Euro teure Maschine, die einen
vergessen läßt, was mit "Mühe des Alltags" gemeint sein könnte. Eine
irritierende Nische in einer völlig anderen Welt.
Cut!
Österreich feiert sich grade ein wenig für
seine Haltungen beim "Ungarn-Aufstand" vor 50 Jahren. Als die damalige
Sowjetunion unseren Nachbarn überrannte und man im Jahr meiner Geburt die rund 180.000
Flüchtlinge hier aufnahm, "eine hohe moralische Leistung ohne Beispiel" zeigte,
Opfer brachte, wie es heißt.
Dafür feiern wir uns also, während ich keine
weiteren Berichte finde, wie es dem Flüchtling Geoffrey A. aus Nigeria gehen mag. Man
hatte ihn unlängst, nach 40 Tagen Hungerstreik, er war dabei von 70 auf 47 Kilo
abgemagert, einfach rausgeschmissen, auf die Straße gesetzt, ohne auch nur seine
österreichische Ehefrau zu verständigen. Das hätte ihn ums Haar sein leben gekostet.
Was gibt's zu feiern?
Cut!
Ein weiterer Journalist tot. Mit einem Messer
umgebracht. (Quelle: "Der Standard")
Wien ist nicht Moskau, mag man annehmen, das könnte doch bei uns nicht vorkommen. Nein?
Na, eh gut. Aber was es dazu braucht, als eine der Grundlagen, haben wir auch reichlich.
Diese ständig brodelnde Intellektuellenfeindlichkeit. Das sich Ducken und all das Gezänk
in Kommunen, wie es inzwischen zum Beispiel über Websites von Parteien wenigstens
offensichtlicher wird.
Man braucht sich bloß in den
"Gästebüchern" etwa einer lokalen ÖVP, SPÖ
oder der Grünen etwas
umzusehn. Vorzugsweise anonym gehaltene Anschütterei regiert, wenn es darum geht, gegen
vorgebrachte Ansichten etwas einzuwenden. Das ist zwar recht weit davon entfernt, mit
einem Messer zuzustechen. Aber es spielt sich in der gleichen Etage ab, im quasi
gegenüber liegenden Winkel.
Cut!
Sich anbiedernde Lakaien, die sich einen
vorauseilenden Gehorsam zulegen, um ihrem Herren zu gefallen, sind quasi die Verstärker
eines Despoten. Wie das funktioniert, beschrieb Albert Speer in seinen
"Erinnerungen" beispielhaft in einer recht witzigen Episode. Da Hitlers Adjudant
eine belanglose Bemerkung des Führers in erhebliche Aktivitäten umsetzte:
Man kann sich gut ausmalen, welche Effekte
derlei Haltungen in weniger harmlosen Belangen entfalten. Speer schildert rund um diese
Episode sehr anregend die Tendenz wechselseitiger Korruption von Herren und Untertanen
rund um den Akt der Anbiederung.
Die Grundlagen solcher Speichelleckerei und
der darauf bauenden Eitelkeit sind uns nicht verloren gegangen. So erzählte mir ein
Historiker von der Arbeit an einer Orts-Chronik, in die sich der damals amtierende
Bürgermeister einbrachte, indem er den Stadtamtsdirektor damit beschäftigte,
abzuzählen, wie oft er auf Fotografien in dieser Chronik vorkomme. Im Vergleich zu
anderen Bürgermeistern ...
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