16. September 2006

Wie hat er das hingekriegt? Der Bischof von Rom, Staatsoberhaupt des Vatikan. Der Boss der ältesten Firma der Welt. Da haben wir längst aufgehört oder gar nicht erst angefangen zu begreifen, zu differenzieren: „den Islam“ gibt es nicht. Aber eine Gemengelage sehr unterschiedlicher Richtungen und Interessensgruppen. Darunter seit einiger Zeit auch diese Weltuntergangs-Sekte der „Dschihadis“. Die sich in erschreckende Wechselwirkungen mit vielen Regierungen dieser Welt verstrickt hat.

Da gibt es andrerseits diesen stammelnden Prediger im Weißen Haus, der Krieg zu führen wünscht, dem sich möglichst viele Verbündete anschließen sollen: „Krieg gegen den Terror“. Was eine ausgemachte Dummheit ist. Weil sich da nicht Krieg führen läßt. Krieg wäre etwas anderes. Wie jüngst auch die Konfrontation Israels und des Libanons belegte. Auf jeden Fall läßt sich offenbar kein Krieg gewinnen, wenn reguläre Truppen gegen Freischaren aufmarschieren.

All das sehen wir, während die USA im Irak Monat für Monat das Scheitern ihrer Konzepte erleben, die Bush-Administration zunehmend Mittel anwendet, durch die sie sich als präfaschistische Lobby kenntlich macht. (Illegale Überwachung von Bürgern, Geheimgefängnisse, Gefangene ohne Verfahren, Folter etc.)

Begleitmusik zu diesen und ähnlichen Beunruhigungen ist das notorische Demütigen von Muslimen, das oft sehr demonstrativ gepflegt wird. Von vielfach sehr prominenter Stelle aus. (Kein Massaker ohne vorherigen krieg der Worte.)

Wodurch sich jene Stimmung schon geraume Zeit verschärft und verdichtet, die von immer mehr Menschen als ein "Kampf zwischen dem Westen und dem Islam" gedeutet wird. Es ist darin ein Ausmaß der Drohgebärden und des Hochrüstens erreicht, die nun endlich wieder jene Wucht erreicht haben, der ich mich entkommen gefühlt habe. Denn ich bin ein Kind des Kalten Krieges. Einer bipolar gedeutete Welt, die sich in feindseligen Blöcken bewaffnet und aggressiv gegenüber stand. Das war in meiner Kindheit bestimmend.

Ich dachte meinen Sohn von solchen beklemmenden Zusammenhängen freigestellt. Aber nein! Amerika hatte seinen alten Feind, die vormalige UdSSR, verloren. (Wann fiel die Mauer in Berlin?) Und nach so wenigen Jahren ist diese beklemmende Bipolarität wieder eingeführt. Was mir schrecklich erscheint. Unerträglich! Heute heißt das Match also „Westen versus Islam“.

Was tut der Papst in dieser Situation, in dieser Phase einer sich drehenden Spirale von Bedrohung und Gewalt? Er deklariert sich als Machtmensch, als Realpolitiker, der offenbar nicht anders kann als … Muslime zu provozieren. In dem er der Welt eine Erörterung vorlegt ... laut APA:

>>In seiner Rede am Dienstagabend in der Regensburger Universität hatte Benedikt XVI. Zitate aus einem mittelalterlichem Streitgespräch zwischen dem byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaeologos und einem persischen Theologen angeführt. "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten", zitierte er den Kaiser aus dem im 14. Jahrhundert geführten Gespräch.

Der Papst nannte dies eine "erstaunlich schroffe" Art und Weise, die Frage nach dem "Verhältnis von Religion und Gewalt" zu stellen. Er zitierte ferner einen Herausgeber der Reflexionen des Kaisers mit den Worten, der moslemische Gott sei "an keine unserer Kategorien gebunden und sei es die der Vernünftigkeit".<<

So stellt er seine Firma in die Traditionen ihrer frühen Phasen, da die Kirche von ihrem Ursprung, dem Judentum, sich mit allen nur erdenklichen Mitteln, Brutalität, Verleumdung, Herabwürdigung, abgesetzt hat. Ganz kämpferische Lobby, die sich um ihren Machtgewinn kümmert. So hat sich der Papst unter die Brandstifter eingereiht. Denn Deekalation betreibt man sicher nicht auf diese Art.

Und es schließt sich ein Kreis: Judentum, westlich/christlich betonte und muslimische Positionen drehen sich in der Spirale, die uns alle, rund um die Welt, zunehmend bedroht. Es ist kein "Kampf der Kulturen". Nein! Es ist ein Kampf mächtiger alter Männer GEGEN die Kulturen, deren Wesen vor allem im Austausch, in der Wechselwirkung, im gegenseitigen Nutzen liegt.

[Wir Kinder des Kalten Krieges]

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