18. Juli 2006
Und so verschwindet der Bach wieder unter der Oberfläche.
Als eine jener Passagen, die in Katastrophenfilmen dazu führen, daß Autos samt Insassen
verschlungen werden. Allerdings, diese Gegend bebt nicht. Es kommt bloß zuweilen
Hochwasser in die Stadt.
Cut!
Es mehren sich die Hinweise, daß Serbien sich wird vom
Kosovo trennen müssen. (Quelle: "Der
Standard") In der gestrigen Ausgabe sagte Albert Rohan, stellvertretender
UN-Chefverhandler, eine Rückkehr zur Situation vor März 1999 sei unmöglich, "und
es muß eine Möglichkeit gefunden werden, die für die Mehrheit der Kosovaren akzeptabel
ist". Diese Mehrheit meint rund 90 % der Bevölkerung im Kosovo. Der Rest sind
Menschen serbischer und anderer Abstammungen.
Zugleich wird Serbien eine Weiterführung der Verhandlungen
über einen EU-Beitritt in Aussicht gestellt. In Diplomatenkreisen ist man der Ansicht,
die Regierung habe vorher den ihr bekannten Aufenthalt von Mladic nicht genutzt, diesen zu
verhaften, sei aber derzeit möglicherweise "objektiv nicht in der Lage", Mladic
zu verhaften.
Der recht ruhige Verlauf in der Ablösung von Montenegro
läßt vermutlich annehmen, daß die serbische Regierung jede Konfrontation in diesen
Prozessen meidet. So oder so wird aber auch die EU ein Interesse haben, zu wachsender
Stabilität auf dem Westbalkan beizutragen. Und die serbische Regierung wird keinen Ausweg
finden, sich der Verantwortung für seine Anteile ab Sezessionskrieg zu stellen.
Allerdings mag das übrige Europa wohl den auffälligen
Hang zur Simplifizierung aufgeben. Wir wissen ja aus unserer eigenen Erfahrung (mit
österreichischen Anteilen am Nazi-Regime), jede Vereinfachung in derlei Dingen ist Wasser
auf die Mühlen von Nationalisten und Leuten, die Verantwortung an den Greueln
zurückweisen.
Schuld. Verantwortung. Wer war Aggressor, wer Täter? Wer
war Nutznießer und Gewinner am Krieg, wer hat sich Vorteile daraus gesichert? Da es schon
differenzierte Literatur aus der Region gibt, in der diese Dinge Erörterung finden, wird
wohl auch auf dem Feld des Journalismus diese Arbeit in Angriff nehmen. Das wird
vermutlich auch zu einer anderen Bewertung Peter
Handkes führen. Falls man die Zeit nutzt, seine angefochtenen Texte zur Abwechslung
einmal zu LESEN.
Und man wird diese Texte mit dem vergleichen können, was
dann als "gesichertes Wissen" über den jugoslawischen Sezessionskrieg gelten
mag.
[Der
"Balkan-Reflex"]
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