14. Juni 2006
Muß man sich vorstellen, jemand sei nach der
Entsorgung seiner Schuhe barfuß nachhause gegangen? Das Bild knüpft an eine Debatte bei
der Wiener SPLITTERWERK-Session an. Wo wir unter anderem erörtert haben, was aus
handwerklichen Fähigkeiten würde, wenn sie niemand mehr bezahlt. (Dabei hat Gleisdorf
noch einen Schuster, der solche Dinge regeln kann.)
Von den Leuten aus der Architektur war zu
hören, sie gingen nach Dubai. Die handwerklichen Fähigkeiten. Dort werde Material und
Können bezahlt. Was ich kurios finde. Die Vorstellung, solche Kompetenzen könnten uns
verloren gehen, um irgendwann, wenn sie wieder gebraucht würden, uns aus der arabischen
Kultur zurückgegeben zu werden.
Genau das ist mit einem großen Teil der
antiken abendländischen Philosophie geschehen. Deren Texte uns in der Zeit der
Völkerwanderung verloren gegangen waren. Um uns in Rückübersetzungen aus dem arabischen
Raum wieder gegeben zu werden.
Danach war ich auf eine ähnliche Überlegung
gestoßen. Als ich auf meinen Wegen diesen bei uns raren kleinen Hanomag entdeckte. Der
Besitzer hielt im Unterstand dahinter gerade ein Schläfchen. Er war an diesem Tag von
Wildalpen hergekommen. Das ist etwa auf der Höhe von Mariazell. Für ein Fahrzeug, das
maximal 25 Km/h macht, eine erhebliche Distanz.
Man sehe viel beim Fahren, sagte der Mann,
weil man ja nichts zu tun habe. Er war der Auffassung, wir würden früher oder später,
aber unausweichlich, eine Hungersnot erleben. Weil sich bald niemand mehr auf das Anbauen
von Getreide verstehe. Weil der Bauernstand an sein Ende gekommen sei und das Wissen
verloren gehe.
Das korrespondiert mit Ansichten,
längerfristig werden nur jene Gesellschaften überleben, die ohne Kühlschrank auszukommen
imstande seien. Diese Art Kulturpessimismus gefällt mir zwar nicht, hat aber plausible
Seiten.
Cut!
Apropos! Kulturpessimismus. Was wäre
Österreich ohne seine Blockwarte? Irgendwer muß der schreibenden Zunft ja Bescheid
sagen, während ganz andere Kaliber von Akteuren die Republik ausplündern. Es wird mir
neuerdings wieder Blockwart-Prosa übermittelt. Die geht ungefähr so:
>>wenn einer einen so verschrauften,
oeden, manchmal pathologisch wirkenden schreibstil hat wie du, expeditus kruscherl, also
geradezu einer dermassen verbloedeten stil wie du schreibt, sollte er sein nichtssagendes
maul nicht so weit aufreissen wie du es tust.<<
>>glaube nicht, dass du so
leicht davon kommst, wie du jetzt an taeuschungen, und permanenten gebietsverletzungen in
deiner vanmuellkiste vorgibst.<<
Immerhin, wenn also auch handwerkliche
Fertigkeiten dem Land verloren gehen, in der Maulwetzerei sind keine Defizite
festzustellen. Stoff für meine "Kleine Enzyklopädie der Beschimpfungen": LINK.
Cut!
Neuerdings lese ich, daß einzelne
Journalisten durchaus geneigt sind, Handke zu LESEN. Um zu klären, ob ihm etwas, falls
ja: WAS denn vorzuhalten sei. Niki Glattauer zählt dazu. Und erzählt, was die Lektüre
der umstrittenen Bücher ihm angeboten hat. (Quelle: "Der Standard")
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Bemerkenswert ist, daß Glattauer bestätigt,
was Handke kritisiert. Daß es besondere Neigungen gibt, die Täterschaft der serbischen
Seite herauszustellen. An der ja nichts zu
beschönigen ist. Neben der aber auch kroatische, muslimische und kosovarische
Täterschaft von vergleichbarer Wucht diesen Sezessionskrieg ausgemacht hat. Wie übrigens
schon ab 1941 den Bürgerkrieg im damaligen SHS-Staat. Während die Nazi den Balkan
okkupiert hatten. Was man allein an den Emblemen ablesen konnte. Denn die Zeichen der
Tschetniks und der Ustasche waren in den 90ern wieder eingeführt. |
Auf bosnischem Boden sind Mudschahidin im
Einsatz gewesen. Die kosovarische UCK hatte sich nicht nur dem Kriegsgeschäft gewidmet.
Die Nato war dann auch nicht zimperlich. Das Verwenden "schmutziger Munition",
das Bombardieren eines Chemiekomplexes voller Giftstoffe (Pancevo), das angeblich
versehentlich warme Abtragen der chinesischen Botschaft ... Glattauer ist da einiges
aufgefallen. Siehe auch den größeren Textausschnitt.
[Zu
Peter Handke]
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