22. Mai 2006 Das
Wechselspiel von Sonne und Regen. Ein Gerenne unter den Menschen. Der Bauernmarkt auf dem
Kirchriegel. Ein Flohmarkt herunten auf dem Platz. Mitten drin eine Hochzeitsgesellschaft.
Das ergibt in Summe eine Geselligkeit, wie ich sie für ein Stück Tageszeit sehr gerne
habe.
Die geradezu ideale Deutung einer belebten
Innenstadt. In einer Dichte, zu der sich die Menschen hier nur selten aufraffen. Was von
den Geschäftsleuten beklagt wird. Auch in der Stadtpolitik. Spricht man aber einzeln mit
Personen, die das Innenstadtgeschehen ausmachen, ahnt man bald: Ignoranz und
Abschätzigkeit haben sich durchgesetzt. Wie man es auch dreht, im Kern bestimmt dieser
Volkssport das Geschehen in der Stadt ...
Nicht an allen Ecken. Interessant ist, an den
Rändern der Stadt haben sich Leute etabliert, denen die Dinge gelingen. Einer davon
führt eine Spezialwerkstatt. Und hat daher laufend mit außergewöhnlichen Fahrzeugen zu
tun. Weshalb er schon weiß, wer da gelegentlich mit der Kamera in Händen auf ihn
zustürmt:
"Hallo! Du hast mich mal wieder
erwischt mit einem Dodge Magnum RT!! wie wurde das Foto?? m.f.G. Roman"
Cut!
Mein Sohn ist nun in einem Alter, da die
Teenies in der Schule den Fragen der "Berufseignung" nachgehen. Das erstaunt ihn
ebenso, wie es ihn amüsiert. Was dabei so herauskommt. Dazu gibt es einen "Online-Test", den er mir
nahegelegt hat.
>>Für Jugendliche unter 16 Jahren
liefert der Berufskompass eine erste Orientierung und interessante Anregungen. Die
Aussagekraft der Ergebnisse ist jedoch eingeschränkt, da Neigungen und Interessen in
diesem Alter noch nicht voll ausgeformt sind.<<
Dabei saß er dann neben mir. Man beantwortet
eine sehr umfangreiche Liste von Fragen. Ich hab erst später kapiert, daß es meinem Sohn
Spaß gemacht hat, mich auf meine Verhaltenskonzepte abzuklopfen. Denn der Test fragt
gewissermaßen ab, wie man tickt. Und Gabriel hat sehr genau beachtet, welche Antworten
ich gab.
Aus der ellenlange Liste der Berufsvorschläge
für mich habe ich hier die ersten Positionen herauskopiert:
Berufsvorschläge |
Ausbildungslevel |
Ranking |
PhilosophIn |
5 |
96 % |
Philologe,Philologin |
5 |
96 % |
LiteraturwissenschafterIn |
5 |
96 % |
TheaterwissenschafterIn |
5 |
96 % |
RechtswissenschafterIn |
5 |
96 % |
KulturwissenschafterIn |
5 |
94 % |
VerlagslektorIn |
5 |
94 % |
SozialwissenschafterIn |
5 |
91 % |
Online-RedakteurIn |
5 |
91 % |
Online-RedakteurIn |
4 |
91 % |
GaleristIn |
4 |
91 % |
MusikwissenschafterIn |
5 |
91 % |
GaleristIn |
5 |
91 % |
Theologe, Theologin |
5 |
87 % |
Gabriel: "A Philosoph. Was macht denn der
eigentlich?"
Ich: "Äh. Professionell nachdenken."
Gabriel: "Machst du eh dauernd. Oder?"
Ich habe genickt.
Cut!
Genau. Bloß die Unwahrheit. Was man ja nach
christlichsozialen Maßstäben, diese Innenministerin gehört der ÖVP an, Lüge nennt.
Denn die Studie ist inzwischen verfügbar.
"Perspektiven und Herausforderungen der
Integration muslimischer MitbürgerInnen in Österreich" (Executive Summary) von
Prof. Dr. iur Mathias Rohe, M.A. (Islamkunde), Richter am OLG Nürnberg. Diese Arbeit
rechtfertigt durch keine einzige Passage die Behauptung, fast die Hälfte der Muslime in
Österreich sei "integrationsunwillig".
Doch wie das im Vorfeld der Brandstiftung nun
mal so ist, die infame Behauptung hat ihre Wirkung auf dem Boulevard und im Umfeld der
Stammtische längst entfaltet. Es bliebe meinem Land zugute zu halten, daß ab der ersten
menschenverachtenden Auslassung der Frau Minister aus vielen Bereichen der Presse
hartnäckig gefragt wurde: Welche Quellenlage und die Anwendung welcher Kriterien führen
zu dieser Behauptung?
Welche Kriterien gelten denn nun für jene
christlichen Opinion Leaders, die sich gerade wegen der Muslime um das Abendland Sorgen
machen? (Laut Studie: "Ausländer nehmen in Österreich einen Anteil von 8,9% an der
Wohnbevölkerung ein. Die knapp 340.00 Muslime bilden 4,2% der Gesamtbevölkerung.")
Josef Pieper gilt als einer der bedeutendsten
christlichen Philosophen im deutschsprachigen Raum. Er schrieb in seinem Buch "Über das christliche
Menschenbild":
>>Die erste unter den Kardinaltugenden
ist die Tugend der Klugheit. ... sie 'gebiert' die sittliche Tugend überhaupt.<<
Die Grundlage dazu sei, so Pieper in Berufung
auf Thomas von Aquin, "das Wissen um die Wirklichkeit". Dieses Wissen sei
"der wirkliche Kontakt mit der objektiven Wirklichkeit." Was zu einer anregenden
Folgerung führt:
>>Und jede Sünde ist irgendwie ein
Widerspruch gegen die Klugheit, omne peccatum opponitur prudentiae.<<
[Wir Kinder des Kalten Krieges]
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