3. Mai 2006
An den gestrigen Semmelknödel knüpft dieses Stück sehr
fein an. Mozarella. Filata-Käse aus Kuh- und Büffelmilch. Diese so eigentümliche
Konsistenz. Dieser sehr zurückhaltende Geschmack. Welcher sich mit stärkeren
Geschmäckern gerne umwindet.
Wie wichtig es mir erscheint, diese angenehmen Dinge in
Händen zu haben. Anzugreifen. Wozu mir einfällt, daß in meinen Kindertagen ein
Kampfbegriff Karriere gemacht hat, der dieser Sinnlichkeit spottet:
"Küchengerüche".
Was war damals geschehen, daß sich diese Auffassung
durchsetzen durfte? Hatte die Putzmittelindustrie einen neuen Coup gelandet? Ich erinnere
mich an ein Statement meiner Mutter. Daß sie keinen Fisch zubereiten möchte. "Weil
man den Geruch drei Tage nicht rauskriegt."
Zugunsten welcher Gerüche wurde da "Küchengeruch"
vermieden? Was für eine Attacke auf unsere Leiber und Seelen, die Welt der Düfte über
Kochtöpfen auf solche Art zu reglementieren. Muß man sich das so vorstellen, daß die
Kerle abends heimkamen, die Nase rümpften und das beanstandeten, was ihnen mittags ein
Genuß gewesen war?
Ich kann mir das recht ausmalen, wie diese Proletarier- und
Kleinbürgermännchen, die ständig im Gefühl lebten, die Welt sei ihnen etwas schuldig
geblieben, wie solche Milieugrößen diesen großbürgerlichen Schrullen nachhingen. Oder
dem, was sie dafür hielten. Das eigene Weib, wie einen Dienstboten, mit höchst
unnötigen Anforderungen zu traktieren. Wie dann diese Mütterchen sich abmühten, einem
Haushalt en miniature halbwegs das abzuringen, wofür gut situierte Leute einen Stab von
Untergebenen auf der Lohnliste hatten.
Cut!
Mein Sohn hatte sich dieser Tage über einen gut
gekleideten Herrn gewundert, der auf dem Weg von Haus zu Haus Teppiche angeboten hat.
"Gipsy-People", hab ich ihm gesagt, "sind gestern in die Stadt
gekommen." Was ich damit meinen würde. "Roma oder Sinti. Offenbar auf der
Durchreise. Die haben ihr Camp draußen, bevor man auf die Autobahn rauffährt."
Auch das erinnert mich an meine Kindertage. Wie sehr
fahrendes Volk verläßlich Anlaß war, alte Ansichten hervorzukramen. Wie sehr man sich
damals an den kräftigen PKWs gestoßen hatte, mit denen sie ihre Wohnwagen zogen. Als
wäre es angemessener, solche Trailer mit einem Kleinwagen durch die Lande zerren zu
wollen.
Wem könnte man bei diesen Ressentiments noch erzählen,
welche hohen Rang die "Hauslosigkeit" in den Ansichten von Christus und Buddha
gehabt hat? Das ist immerhin ein ganz interessantes Detail. Daß mindestens zwei der
Begründer monotheistischer Religionen, letztlich aber auch der Handelsreisende Mohammed,
weder seßhaft waren, noch die Seßhaftigkeit gepriesen haben. Ganz im Gegenteil!
Dennoch sind genau diese Haltungen in der Praxis unserer
Kultur derart diskreditiert. Nicht zuletzt im antisemitischen Stereotyp vom rastlosen,
beziehungsweise hastigen Juden.
Cut!
Hose verloren. Tja ...
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