19. April 2006

Ich bin mit den Drohungen von Nuklearschlägen aufgewachsen. In einem tückischen Szenario, dessen legitimierende Mythen einen über alle Ebenen erreichten. Dieses Österreich hatte im Kielwasser seiner eigenen Nazi-Vergangenheit vor allem die Rote Armee, der es unter dem Hakenkreuz unterlegen war, als neuerliches Feindbild gefunden. "Darußdakummt" klang wie ein permanentes Echo in unseren Ohren. Dieses "Der Ruß, der kommt". Aber auch eine "Gelbe Gefahr" war uns als Anwärterin auf Weltherrschaft avisiert.

"Da Ruß" ist nicht gekommen. Außer anläßlich zweier Vorfälle. Einmal war der Herr Napoleon gegen Moskau vorgerückt. Und fulminant gescheitert. Später hielt sich Herr Hitler für den besseren Feldherrn und versuchte es erneut. Mit gleich verheerendem Scheitern. Ansonsten ist "Da Ruß" nie zu uns gekommen. (Oder hab ich was übersehen? Falls ja, bitte um Rückmeldung.)

Was die angebliche "Gelbe Gefahr" angeht, ist von ihr bloß eine wirtschaftliche Wirkung geblieben, von der man sich bei uns bedroht fühlt. Die aber vor allem auch als eine Gegenbewegung zu jenen Prozessen verstanden werden darf, in denen sich Europa mit seinen kolonialen Raubzügen erhebliche Vorteile gegenüber der restlichen Welt genommen hat.

Das Herausnehmen der atomaren Dauerbedrohung aus meinem Leben, das Ende des Kalten Krieges gehört für mich auf ganz private Art zu den wesentlichen Erfahrungen in meiner Biografie. Als nun während der vergangenen Osterwoche von Amerika die Nachricht ausging, die Bush-Partie würde einen atomaren Schlag gegen den Iran in Erwägung ziehen, Bush hat diese Option inzwischen bekräftigt, ist ein kalter Schatten zurückgekehrt.

Wenn ich es recht verstanden hab, wurde das Stocken von Verhandlungen mit der Drohung eines atomaren Erstschlages quittiert. Eine ungeheuerliche Haltung. Was geschieht, wenn unter zwei bewaffneten Rüpeln einer die Knarre zieht? Der andere zieht sie auch. Eh klar! Der iranische Präsident Ahmadi-Nejad hat geantwortet (Quelle: "Der Standard"):

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Damit haben zwei Staatsoberhäupter die beiden derzeit furchtbarsten Waffen, die wir kennen, auf den Tisch gelegt, um ihre Differenzen zu bearbeiten. In Sidney Pollacks Film "The Interpreter" sagt Sean Penn als Tobin Keller: "Und Selbstmord-Attentäter haben kein Profil. Er kann 9 sein oder 90 ...", männlich oder weiblich, Akademiker oder Schulabbrecher ...

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Weder hat Israel mit der, wie es heißt, besten Armee der Welt die Palästinenser beugen können. Noch haben die USA den Irak unter Kontrolle und in friedfertige Verhältnisse bringen können. Die Liste läßt sich beliebig fortsetzen. Die Androhung von ultimativer Gewalt führt ganz offenbar zu weiterer Gewalt.

Ich darf mich also bei diesem stammelnden Prediger im Weißen Haus bedanken, der nun seit Jahren die Welt mit seinem Sendungsbewußtsein und seinem Hang zu narzißtischer Kränkung behelligt, gestützt auf einen mächtigen Militärapparat. Daß er dieses alte Bedrohungsgehabe wieder in meinem Leben eingeführt hat. Als wären die letzten 40 Jahre keine Gelegenheit gewesen herauszufinden, was wodurch bewirkt wird.

Übrigens! Nicole Kidman sagt im oben erwähnten Film als Silvia Broome: "Rache ist eine feige Form der Trauer."

[Wir Kinder des Kalten Krieges]

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