14. April 2006

Nicht nur meine Bibliothek wuchert quer durch meinen Wohnraum. Auch allerhand Notizen und Stücke aus Zeitschriften, Journalen, die mir erhaltenswert scheinen. Weil ich sie noch nicht gelesen habe. Oder nochmals lesen möchte. Dazu gehört auch diese großformatige Seite aus dem "Falter" 14/06:

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Ein kurioses Dokument konsequenter politischer Berichterstattung. Sehr nach meinem Geschmack. Worum es dabei ging? Na, um österreichische Innenpolitik:

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Cut!

Das BZÖ, hervorgegangen aus der vaterländischen FPÖ, gehört zu jenem politischen Feld in Österreich, das sich (naturgemäß?) seit jeher damit schwer getan hat, die Rolle Österreichs, vor allem: österreichischer Bürgerinnen und Bürger, unter Hitlers Regime angemessen wahrzunehmen. Die FPÖ war ihrerseits aus dem "Verband der Unabhängigen" hervorgegangen, dem "Sammelbecken" des "Dritten Lagers". Wobei freilich in dieser Sache Sozialdemokratie und Christlich-Soziale sich ebenfalls reichlich blinde Flecken geleistet haben.

Nun hat endlich ein Bundespräsident Österreichs, Heinz Fischer, das Format bewiesen, den Mythos von Österreich als "erstem Opfer des Nationalsozialismus" zurechtzurücken:

"Der Anschluss 1938 wurde in der Unabhängigkeitserklärung als ein Akt der Überrumpelung und der Kriegslist dargestellt - mit den Worten: Der Anschluss wurde einer wehrlosen Staatsleitung abgelistet und abgepresst. Die historische Wahrheit ist aber eine andere: dass die österreichische Regierung im März 1938 weit gehend hilflos und tatenlos war, weil sie im Inneren nur eingeschränkte Autorität hatte. Und ein nicht unbeträchtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung hat den Einmarsch deutscher Truppen von der Grenze bis zum Heldenplatz mit einem beträchtlichen Ausmaß an Begeisterung begleitet. Natürlich hat es auch viele gegeben, die geweint haben, die geschockt und entsetzt waren. Aber alle Dokumente, die wir haben, zeigen, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung diesen Anschluss begrüßt hat." (Quelle: "Der Standard")

Somit ist die "Moskauer Deklaration" ("Moskauer Erklärung über Österreich, 1. November 1943") neu gedeutet. Denn bisher hat vor allem folgende Passage dem rechten Lager als Anlaß zu Revision und Relativierung gedient:

"Die Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind darin einer Meinung, daß Österreich, das erste freie Land, das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll."

Im Zuge des Interviews kritisierte Bundespräsident Fischer auch die "Proklamation über die Selbstständigkeit Österreichs vom 27. April 1945" und sagte unmißverstdändlich:

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[Wir Kinder des Kalten Krieges]

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