14. Februar 2006

Wo es Inbrunst gibt, muß man anscheinend nach Heuchlern nicht lange suchen. Das ist offenbar eine weltumspannende Banalität (Quelle: "Der Standard"):

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Nun hatten wir also unser Tänzchen mit einem aufgeregten Teil der islamischen Welt. Es ist viel zu Bruch gegangen. An den Reaktionen auf beiden Seiten gab es kaum Überraschungen. Was ist das gewesen? Immerhin ein Stück Klärung, daß unsere Meinungs- und Pressefreiheit nicht zu beschädigen war. Auch gut. Und weiter?

Kaum wer bestreitet inzwischen, daß die umstrittenen Karikaturen handwerklich und inhaltlich von mieser Qualität waren. Guter Anlaß, gelegentlich über Kriterien zu reden.

Ein rechtslastiges Boulevardblatt wie "Jyllands-Posten" gehört eben zu jener unverzichtbaren Sphäre der Meinungsfreiheit, in der ein offener Wettstreit von Ideen und Auffassungen gegen Hooligans und Haßprediger verteidigt werden muß. Das ist mir schon recht. Ich wünsche mir diese und jene Knalldeppen keineswegs aus der Welt. Sie halten uns munter.

Haßprediger. Da muß ich ja nicht weit schauen, um welche zu entdecken. Zwischen Kärnten und Wien tummelt sich allerhand getauftes Gesindel von der Sorte. Und wenn ich an die Gefährdung der Pressefreiheit wie der Demokratie denke, dann fällt mir eher Berlusconi als ein arabischer Name ein.

So ganz nebenbei, aber: Pst! ... das hat mit der Frage nach Pressefreiheit rein gar nix zu tun, wirklich nicht! Ich würde gerne Mal eine Liste sehen, die mir Anrufe des Herrn Molterer (ÖVP) in maßgeblichen Redaktionen des ORF zeigt. Die würde ich dann gerne neben ein älteres Listerl über derlei Aktivitäten des Herrn Rumpold (FPÖ) legen. Und dann noch ein Listerl zum Herrn ... Ach, laß ma das! Zurück zum aktuellen Thema.

Die eben gehabten Krawalle, die keineswegs völlig abgeebbt sind, aber sicher bald vorbei sein werden, hatten etwas erfrischend Aufmunterndes. Denn weder ist uns die eigene Demokratie eine geschenkte und versicherte Angelegenheit. Noch werden wir allen anderen Völkern zurufen können: Macht's es doch einfach wie wir, Kumpels!

Ich mag die Differenz. Die Praxis des Kontrastes. Das ist etwas sehr Aufregendes. Verlangt einem Lebendigkeit ab. Schlecht? Ach wo! Ich werd bloß nervös, wenn sich ein Mob zusammenrottet oder irgendwelche Jungs ihre Kalaschnikows aufmagazinieren.

Woran erinnert mich das bloß? Vor Jahren war ich auf dem Abflug nach Sankt Petersburg. Um Sergey Yugov erstmals zu treffen, den Poeten, der nun grade in Österreich weilt.

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Ich habe die Nacht vor dem Abflug in einem recht abgelegenen und gespenstisch ruhigen Hotel nahe Fischamend verbracht. Da sah ich eine BBC-Dokumentation über eine "Subway Wolf Army". Hooligans. Eine gut organisierte und sehr kampflustige Gang, die sich Wochenende für Wochenende mit der Polizei eine Schlacht lieferte. Mit einer Effizienz und Ausdauer, daß den Offizieren, die interviewt wurden, ein erheblicher Kummer ins Gesicht geschrieben stand.

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Diese Reportage hatte mich sehr irritiert. Ich versuche immer wieder, mir eine Vorstellung zu machen, was Menschen bewegen mag, sich solcher Gefährdung auszusetzen und anderen solche Gefährdung aufzubürden. Denn wenn bewaffnete Menschen mit großer Wucht an einander geraten ... ist das die Normalität an Gefährdung, die das Leben bei uns gerade noch ausgemacht hat? Und anderswo ausmacht? Oder liegt es uns eh auch vor den Füßen, gut verdeckt?

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