3. Februar 2006

Ich hab ein Faible für die Brachialdichterei. Schließlich ist ja auf unserem Terrain auch ein Brachialdichter tätig. Manchmal stoße ich bei meiner Lektüre auf Werke, die meine Auffassungsgabe allerdings merklich überfordern (Quelle: "Kleine Zeitung"):

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Cut!

So. Die Klimt-Gemälde werden weg sein. Die Saliera ist wieder da. Während unlängst, irgendwo in Europa, ach ja: vormals Ostblock, ein Verteidigungsminister zurückgetreten ist, weil eine Militärmaschine abgestürzt war, setzen Bildungsministerin Gehrer und Museumsdirektor Seipel eine Peinlichkeit auf die andere, einen Fehler auf den anderen. Aber: zurücktreten? Nein. Rainer Nikowitz hat im "profil" einen sehr österreichischen Aspekt der Sache aufgegriffen:

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Oben der Schwank, unten die reale Entsprechung dieser doch eigentlich merkwürdigen "Dignitäts-Technik":

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Direktor, das ist ja gerade mal eine Funktion. Die man innehat. Oder hatte. Danach tut man was anderes. Oder nichts. Gewesener Direktor zu sein (i.R. = in Ruhe), das gehört zu den wahrlich hintergründigen Formen der Identitätsbildung.

Cut!

Wie bescheuert muß man sein, um es für geistreich zu halten, den Propheten Mohammed mit einem Turban darzustellen, der einer Bombe gleicht? Man könnte davon absehen, daß Dschihadis sich zwar auf den Koran berufen, angesehene Fachleute, vor allem auch der muslimischen Welt, diese Berufung aber als Unfug abtun. ("Er schlug keinen Diener und keine Sklavin und keine seiner Frauen", berichtet die Tradition. / Annemarie Schimmel: "Muhammad") Der Zusammenhang hält nicht. Mohammed liefert keine Legitimation für Bombenwerfer. Die Weltuntergangssekte der Dschihadis mit dem Islam gleichzusetzen, erweist sich einfach als ... wenig pfiffig.

Bliebe erwähnenswert, daß es seit fast eineinhalb Jahrtausenden (!) für Muslime ein striktes Bilderverbot gibt. Weshalb auch ein nur mäßig mit Intelligenz geschlagener Mensch begreifen sollte, eineinhalb Jahrtausende der Kontinuität sind ja kein Schmarrn, daß derartige Bilder in dieser Kultur zutiefst provozieren und verstören müssen. Es kann gar nicht anders kommen.

Da geht es doch jetzt nicht um Dissens in einer Meinungsverschiedenheit, sondern, falls man es schafft, über eurozentristische Arroganz mal hinauszurudern, um eine Wahrnehmung der Verstörung, die man mit solchen Bildern auslöst.

Nun muß man diesen dänischen Deppen gegen die unausbleiblichen Anfechtungen, die längst hochgeschwappt sind, auch noch beispringen. Denn es ist für uns Kinder des Westens eben, andrerseits, die Meinungs- und Pressefreiheit ein hohes Gut, das verteidigt sein will. Diese Anforderung empfinde ich so unausweichlich, wie ein betroffener Moslem seine Irritation.

Was nützt uns so eine Verwicklung? Da kann man nur rufen: Danke, Trottel! Solche Dilemmata helfen uns gerade enorm weiter. Wo Verständigung uns mit der moslemischen Kultur ohnehin so schwer gelingt. Wo überdies bloß ein Agent der Blödheit übersehen könnte, daß kaum etwas gefährlicher ist, als Moslems, die sich gedemütigt fühlen. Woraus man demnach zum Schluß fähig sein sollte: Auf die Art, right or wrong, ganz egal, wird sich nur Konflikt ernten lassen. Wo ist dabei der Witz? Was wäre damit bewegt? Na bravo! Ist die Distanz wieder um ein paar Meter vergrößert. Wenn das mit Aufklärung zu tun haben sollte, dann hab ich nicht verstanden, was Europas Aufklärung ist.

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