13. Jänner 2006 Es ist mir
aufgefallen, daß ich ein Zeitmaß in mir hatte, welches nun verloren ist. Wieviel Zeit
mochte man Menschen einräumen, die erst mal das Vorzimmer erreichen mußten, um nach dem
Telefonhörer greifen zu können?
Wenn nun ein Handy neben mir liegt, sollte ich womöglich,
schnell wie ein Pistolero, schon den ersten eingehenden Rufton abwürgen können ... nein,
so geht es ja nicht, alles fallen zu lassen, um Anrufe entgegenzunehmen. Gestern habe ich
in dem Zusammenhang an einen wohl schon antiquierten Begriff gedacht, ein Wort, das ich
sehr schön finde:
Transistorradio
Was uns seinerzeit eine erste populäre Lektion in
Miniaturisierung gewesen ist. Denn "Transistorradio" bedeutete einen
Technologiesprung, bedeutete: KEIN Röhrenradio. Dessen Thermik, die Röhren mußten ja
erst mal warm werden, daß sich Empfang einstellte, und heizten ganz passabel, dessen
Thermik den Begriff "Dampfradio" anregte. Der von ursprünglich Schrankgroßen
Geräten handelte.
Dagegen waren Transistorradios sehr bald in ganz handlichen
Versionen erhältlich, kaum noch größer als Zigarettenschachteln. (Auf dem Weg über den
Begriff "Kofferradio".) Diese feinen, kleinen Schatullen mit langen Antennen
führten etwa bei wesentlichen Fußballspielen auf der Straße zu Posen, wie man sie viele
Jahre später an Leuten sah, die telefonierend durch die Gegend rannten; das kleine Gadget
ans Ohr gepreßt.
Wie nun mal Männer gerne ihre Silhouetten aufblähen,
verursachte die Mode zwischenzeitlich einen Dimensionensprung in alte Maße. Konnte man
einst Eindruck machen, wenn man ein möglichst winziges Radio besaß, hatten sich nun
andere Jungs möglichst große Kisten auf die Schulter gewuchtet, um sich stereo und mit
baßtöndendem "Superwoofer" die Ohren zusammenzuhauen. Das klang ja wunderbar
gefährlich: "Ghettoblaster". ("Ich in Sprengstoff, Honey!") Und
hätte nun endlich den Begriff Kofferradio ausgefüllt.
All das ist mir gestern im Untergrund von Graz so durch den
Kopf gegangen, wo in einem Labyrinth hoher Kellerräume der "club entrancexit" entstanden
ist, nein, gebaut wurde. Worin mein Dämon Vogeltanz und der Künstler Christian Gschier das Atelier
betreuen.
Vogeltanz, den man unten mit seiner Kreatur J.F. Sebastian
sieht, hat ein winziges Handy, dessen Rufton ein Musikstück ist, das einen verlocken
möchte, Anrufende warten zu lassen. Telefonieren und Radiohören in einem, das ist ja
eine sehr kauzige Option ...
So kommen mediale Möglichkeiten immer mehr durcheinander.
Ineinander. Was noch nicht "Konvergenz" ist. Oder vielleicht doch. Auch. So
vieles bleibt neu zu klären. Und das, solche Klärungsarbeit, aus der künstlerischen
Praxis heraus, ist durchaus Intention der Leute von "entrancexit" ...
Cut!
Ich hab derweil allerhand über Pornographie
nachzudenken. Und auch nachzulesen. Es ist im Kielwasser dieser nun ohnehin schon verwehte
Geschichte um die "EU-Plakate" einiger Klärungsbedarf verblieben. Um den sich
ganz offenbar die Politik nicht zu kümmern gedenkt. Obwohl man da an einigen Ecken von
der gut beheizten Erregung passabel profitiert hat. Und die Leute von der "Kronen
Zeitung", die laut "Pornographie!" geschrieben haben, verdeienen weiter
gutes Geld. Mit Pornographie.
Andrea Dworkin hat ihr Buch
"Pornographie - Männer beherrschen Frauen" unter anderem mit folgender
Feststellung eingeleitet:
"Die Macht der Männer ist
zuallererst eine metaphysische Behauptung ihres Selbst, ein Ich bin, das a priori besteht,
unerschütterlich, absolut. Es bedarf keiner Beschöngigung oder Rechtfertigung, ist
gleichgültig gegenüber jeglichem Leugnen, jeglichem Zweifel. Es bekundet
selbstverständlich Autorität. Es hört nie auf zu existieren, egal wie oder aus welchen
Gründen es angegriffen wird."
Vor dem Hintergrund solcher Befunde wirkt es geradezu
grotesk, mit welchen Vorhaltungen sich gerade etwa Tanja Ostojic in dieser "Affäre"
konfrontiert sieht. Letzten Mittwoch schrieb mir Tanja:
"There is very important point that sence of humour
in my work has been constantly neglected especaily in german speaking countries..."
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