11. Dezember 2005

Post aus Polen! Ich hab den Autor Michal Zablozki (auf dem Foto rechts neben dem Regisseur Maciek Dowgialto) während meiner Tage in Katowice kennengelernt. Er nutzt das Web als Drehscheibe für ein langjähriges Poesie-Projekt: Multipoecja.

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Nun ist eine Einladung an mich ergangen, 30 Gedichte für ein Projekt in Krakau zu verfassen:

"The action *Poems on House Walls* is an authorized project, according to which Michal Zablocki’s successive poems, along with their English versions translated by Zdzislaw Zabierzewski, will be projected all the calendar year round (one poem each day) on the facade of the building located at 2 Bracka Street in Krakow, night by night, from sunset to sunrise. ..."

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Eine schöner Anlaß, nach der eng gewobenen Arbeit am "CyberTrail" (Unser "Smoke in" und die "Liebesgrüße aus Königsberg") und seinen weiterführenden Strängen wieder einmal konzentriert in mein ursprüngliches Metier zu gehen. Worin die Lyrik einen erheblichen Stellenwert hat.

Weil nun Sergey Yugov eben drei Tage in einem Autobus verbracht hatte, um aus St. Petersburg über Deutschland nach Graz zu kommen, weil er auf so mühsame Art ein weites Stück in den Westen gefahren war, um da mit mir "Tsingtao Beer" zu trinken, ...

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eine Sorte aus Qingdao in China, so geht das eben ... ist eines meiner ersten Gedichte für Krakau den "Only Petersburgk Poets" gewidmet:

Er betet
zu Puschkin
trinkt billiges Bier
sein Herz
ist ein Messer
und
Moskau ist weit

Cut!

Außenpolitisch geht es grade zu, da kann einem schlecht werden. Ich hab gar keine besondere Laune, mich damit ausführlich zu befassen. Der kroatische General Ante Gotovina wurde in Spanien gefaßt. Ich bin neugierig, was das in Beograd bewirkt. Ein verschleppter deutscher Staatsbürger, der von seinem Land nicht einmal wenigstens NACH dieser Menschenrechtsverletzung durch einen amerikanischen Geheimdienst in Schutz genommen wurde, erzählt Details. Der Präsident des Irans schlägt vor, Israel nach Europa zu verlegen.

Amerikas Außenministerin Rice hat Europa einen Nasenstüber verpaßt und fest behauptet, ihre Regierung lasse keine Folter zu. Ich sehe noch dieses Bild vor mir, ein muskulöser Hund an der Leine eines GI's, die Schnauze in Augenhöhe eines gefesselten und knieenden Moslems in Abu Ghreib. Dem Mann eine rostige Klinge an die Kehle zu setzen wäre gewiß weniger ängstigend gewesen. Das war noch eines der moderatesten Motive aus dieser Gegend.

Die Frau, Rice, lügt einfach, das nehme ich an. Es dauert sicher bloß ein paar Jahre, maximal, bis wir genauer erfahren werden, was die Bush-Administration ihrem eigenen Land und anderen Nationen alles zugemutet hat.

Derweil müssen wir uns ermahnen lassen, keinem Antiamerikanismus zu verfallen. Auch recht. Für mich ist das ohnehin zweierlei: Amerika und das von Bush verkörperte Awmerika. Ein Volk ist nun mal nicht seine Administration und umgekehrt.

Im "Standard" vom Freitag hat sich unser Ex-Außenminister Alois Mock zur Sache exponiert, die Wendung ist aufschlußreich, ja, was der Marshallplan DAMALS bedeutet haben mag ...

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Geschenkt, alter Mann! Denn es war nicht bloß Hilfe seitens Amerika. Es war auch ein Deal. Durch den sich die USA Einfluß in Europa gesichert haben. Ist schon recht, alter Mann, es wurde, wie Du so blumig schreibst, "dem sowjetischen Bären Einhalt" geboten. Aber bei diesen Metaphern aus dem Kalten Krieg wird mir ja übel. Und wir haben ohnehin langsam mal drüber zu reden, welchen Preis uns die Staaten dafür abverlangt haben.

Zum Beispiel den durch die langjährig eingebrachte Propaganda mit allen nur erdenklichen Mitteln verstellten Blick auf unsere slawischen Mitmenschen, bis zur völligen Verzerrung.

Denn von klein auf hab ich das vermittelt bekommen, dies seien alles "Rote", Feinde, weil eben, aber sagen wirs doch nicht zu laut, Untermenschen ... Mit Unterstützung des Vatikans haben uns diese Marshallplan-Amerikaner alles an hochrangigen und hoch qualifizierten Nazi abgenommen, mit Handkuß und Reisespesen, jene, die sie im neuen Kampf, im nun Kalten Krieg gegen die "Roten", die "Kummerln" brauchen konnten. Wofür wir mittels ihrer Hilfe zurechtgestellt werden mußten.

Gut, wir haben davon profitiert, einmal mehr in diesen Zeiten ... aber sie haben für die Care-Pakete auch viel von uns bekommen, alter Mann. Gehen wir es mit der Dankbarkeit also ruhig etwas langsamer an und schauen wir mal, was nach 60 Jahren alles unter dem Teppich verblieben und was auf den Tisch gekommen ist.

Bei der Gelegenheit werden wir auch zu prüfen haben, alter Mann, was Du selbst vielleicht vor der Geschichte, mindestens aber vor der Geschichtsschreibung für eine Figur machst, wenn in den kommenden Jahren Deine Rolle, die Du im jugoslawischen Sezessionskrieg gespielt hast zur Debatte stehen muß. Denn die wirft einige Fragen auf und hat allerhand von, nun ja, Dankbarkeit gegenüber dem Westen, auf eine Art die mir noch nicht so ganz schlüssg und klar erscheint.

Denn was wir an Balkan-Reflexen von den Nazi übernommen und im Kalten Krieg von den westlichen Alliierten vorgesetzt bekamen, ist möglicherweise nicht ganz so herzig, wie die Haltung von Alois Mock im hier zitierten Kommentar. Schaun wir mal, dann sehn wir schon ...

[Kinder des Kalten Krieges]

Cut!

Ich wollte erinnern, was es damit auf sich hat, daß der Graphic Novellist Jörg Vogeltanz "mein Dämon" sei. Das rennt nicht weg. Ich hab hier noch Post vom sehr zurückhaltenden Paul Entrikat, der mir unlängst schrieb:

"Nein, im Web bin ich nicht präsent - ich bin mehr so ein Geist, der durch den Cyberspace schnurrt...allerdings ein Guter, nicht so wie der Wahnsinnige, der Sie eine Zeitlang verfolgt hat. Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen für Ihre Arbeit, ..."

Das markiert die Zusammenhänge und es wird noch davon zu erzählen sein ...

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