28. Oktober 2005

Marcus Williams hat also seinen Törn abgeschlossen. Post aus Neuseeland:
"hi martin, sorry this is a bit late. russia was big for me in every way and i have opened a one man showe the day before i left ..."

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("... but it was apparently the biggest tank of second great war. like an egyptian pyramid.")

Ja, dieses Land und all unsere Annahmen darüber. Das macht mitunter merkwürdige Momente, wenn die eigenen Mutmaßungen, die man über Rußland mitschleppt, dort mit den Realitäten kollidieren. Ich bin neugierig, was von Marcus darüber zu erfahren sein wird. Aber jetzt hängen wir uns erst mal ins "Smoke in".

Cut!

In einem Bericht über Stars und deren mickrige Derivate, die "Promis", äußert sich im dieswöchigen "profil" der Philosoph und Soziologe Klaus Theweleit über Andy Warhol, dessen Strategien und den Kunstbetrieb ganz allgemein. Dabei sagt Theweleit an einer Stelle:

"Warhol war klar, dass eine tatsächliche Auslöschung in einer auf Namen und Hierarchien fixierten Gesellschaft nicht machbar ist. Man kann mit diesen Hierarchien spielen, aber man kann sie nicht beseitigen."

Das ist sehr anregend. Denn für unsere "Praxiszone Gleisdorf", wo es u.a. um meine Überlegungen zu einem "Next Code" geht, beschäftigen mich gerade solche Zusammenhänge. Es war bei uns die Renaissance eine Zeit, da Künstler sehr vehement begonnen haben, sich gegenüber ihren Auftraggebern zu emanzipieren. Das hieß ja konkret, sich gegenüber Fürst, Bischof und Gott neu aufzustellen. Ein durchaus riskantes Unternehmen. Danach dauerte es natürlich noch einige Jahrhunderte, bis die "Autonomie der Kunst" als Idee und Konzept durchgesetzt war.

Ich vermute, der Maler und Architekt Raffaello Santi (Raffael) war damals der absolute "Superstar" auf dem Set, der in seiner Selbstinszenierung auch Leonardo in den Schatten gestellt hat. Freilich nicht bloß durch seine künstlerischen Fähigkeiten, sondern auch durch seine sehr effizienten Strategien in den Deals mit den Machthabern.

Renaissance, Reformation, Gegenreformation, Aufklärung. Durch solche Stationen und Prozesse sind Kunstschaffende im Gebiet von "Westrom" gelaufen. Auf der "oströmischen Seite" war die Sache wohl ganz anders geordnet.

Was schon damit begann, daß im Westen Papst und Kaiser über einige räumliche Distanz getrennt residierten und beide politisch aktiv waren. Während in Byzanz der Patriarch quasi in Griffweite des Herrschers installiert war und wohl nur im Reich der Spiritualität etwas zu Sagen hatte. Aber nicht in poltischen Fragen.

Da gab es vielleich nichts, was der Renaissance vergleichbar wäre. Aber das ist ja auch kein für die Welt normatives Phänomen. Wie auch die Aufklärung nicht für alle Kulturen gemacht sein konnte. Was gabs statt dessen? Mit welchen Konsequenzen? Daran rührt auch das oben angedeutetet Staunen über Rußland.

Was für ein merkwürdiger Zufall, daß der Eiserne Vorhang über so weite Strecke recht exakt entlang der alten Trennlinien zwischen dem ost- und weströmischen Territorium verlief.

Was für ein merkwürdiger Zufall, daß Ostrom noch Imperium Romanum war, als Westrom längst in Trümmern lag, wir das aber hübsch in Vergessenheit geraten ließen.

Was für ein merkwürdiger Zufall, daß etliche neue Grenzziehungen schon wieder entlang dieser alten Demarkationslinie verlaufen.

Also, was liegt an Entwicklungen und Bedeutungen HINTER diesen Grenzen? Von denen wir eventuell nichts wissen, für die wir gegebenenfalls blind sind, selbst wenn wir davor stehen, weil wir dann nicht wissen, was wir sehen.

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(Dikiy beim Rezitieren seiner Gedichte.)

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