24. Oktober 2005Das ist eine für mich sehr typische Pose.
Über Lesestoff gebeugt. In die Renaissance versunken, während mein Mädchen den Laptop
in Arbeit hatte, um den Symposiumsbeitrag für "Mind the Map" druckreif zu machen.
Wir haben beim Kaffee und beim Wein noch einige Debatten darüber geführt, was denn an
konstituierenden Unterschieden feststellbar sei, wenn man die Kunst Ost- und Westeuropas
betrachtet. Und was "das Politische" in oder an der Kunst sei. So viele
unüberprüfte Annahmen ...
Was mir dabei in den Sinn kam: Orient. Wie ja Boris Grois schreibt. Der Osten muß
immer Orient sein. Für den Westen. Eine mächtige Rollenzuschreibung, die leicht den
Blick verstellt. Und. Gewürze. Die Gewürze kamen doch Großteils aus dem Orient. Und.
Wie gerne wir unsere Stirnfalten zur Geltung bringen, wenn wir nach Rußland blicken. Daß
doch so sehr vom Stalinismus geprägt worden sei. Als hätten wir selbst nicht die
Erfahrung der Täterschaft im Holocaust gemacht.
Unsere Kinder hatten sich derweil unsere Digitalkameras geschnappt, um damit nach Laune
zu experimentieren. Sei es, daß sie damit eine Weile im Kleiderschrank verschwanden, um
darin, bei lauter Musik, zu schauen, was es zu sehen gibt.
Sei es, daß sie damit auf die Straße liefen oder durch die Wohnung tobten ... das
sind sehr anregende Momente, wenn solche Spiele laufen. Sie erinnern mich daran, wie
wichtig es ist, von einer ganzen Reihe möglicher Fragen bei den Ergebnissen freigestellt
zu sein. Um unbeschwert herausfinden zu können, was sich so ergibt, wenn man diese und
jene Möglichkeiten auslotet. Spielen ist eine sehr radikale Form, Ungeklärtes
auszuloten.
Cut!
Ich hab ihn sprechen gehört. Den Fechtmeister Hace Strache. Der verkündet: "Im
Sinne von Österreich zuerst." Er hat sich den gleichen Sprachstil angeeignet, wie
man ihn von seinem Vorläufer Jörg Haider kannte. Nicht bloß inhaltlich. Er spricht im
gleichen Duktus. Seine menschenverachtenden Allüren haben ihm bei knapp 60 %
Wahlbeteiligung in Wien wuchtige 14,9 Prozent der Stimmen für die vaterländische FPÖ
eingebracht.
Er sagt: "... daß der echte Wiener nicht untergeht." Ich
vermute, Ernst
Hinterberger, Autor jener legendären Fernsehserie, deren Titel Strache da adaptiert
hat, hängt schon seit Wochen über der Kloschüssel ...
Die Operetten-Republik im Lande hat
also wieder einen Aufschwung erlebt. Eine neue Herausforderung für Politik und Kultur.
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