19. September 2005

Mein Sohn hat nach diesem Sommer eben seine erste Schulwoche hinter sich. In dieser Woche kriegten sich zwei Schüler seines Alters irgendwo in einem Klassenzimmer in Österreich in die Haare. Einer stach mit seinem Messer zu. Der andere starb daran. (Ich hab meinen Sohn gefragt: "War das bei euch in der Schule ein Thema?" "Nein", meinte er, "aber die mama hat's in der Zeitung gelesen.")

Wie sehr sich dieser Vorfall zu Betroffenheitsgymnastik anbietet. Wie sehr das empfiehlt, im Trüben herumzutappen, um vielleicht ganz zufällig auf irgendwelche Maßnahmen zu stoßen, die sich nun ergreifen ließen.

Wir könnten freilich auch darüber reden, was uns alles schon am eigenen Kindsein aufgefallen ist. Welche Löcher und blinden Stellen uns im Wege lagen, wenn's um diese Fragen ging ... was heißt "Mann sein"? Und wie geht das? Zwischen all den Legenden, Lügen und Schwindeleien?

Diese merkwürdige Kerl-Nummer, daß einer schon als Kind das Silberfischlein zur Hand hat, um Dinge zu regeln, vor allem Angst und Kränkung damit zu bearbeiten.

Seit ich denken kann, handelt "Kerl sein" davon, daß es Tote gibt, wenn Angst und Kränkungen zu bearbeiten sind. Das betuliche Geblöke von Opinion Leaders aller Art hat diese Konsequenzen immer verdammt, aber an den Ursachen kein ausreichend vorbehaltloses Vorgehen signalisiert.

Das "Ideal des soldatischen Mann" ist längst nicht erledigt. Vom Tisch. Es ist weder politisch noch kulturell ausgehebelt. Wirft Mehrwert ab, weil es sich noch immer wirtschaftlich nutzen läßt. Heuchelei tötet. Nicht unbedingt an ihren Hauptschauplätzen. Aber an allerhand Ecken und Enden ...

Cut!

Da wir bei unserem "City Upgrade" die kommenden Ausstellung vor allem aus binär codierten Exponaten zusammenstellen werden und konventionelle Exponate aus der Konzeption weitgehend ausgespart bleiben, habe ich das, was von mir aus in materieller Weise unbedingt eingebracht werden muß, einfach disloziert.

log516a.jpg (25549 Byte)

Eines meiner Küchenfenster. (Denn Küchen sind wichtig!) Darin wird eine Vitrine als Miniaturgalerie aufgebaut. Allerdings mit der Präsentationsfläche nach draußen. So daß die Exponate erst vom nächsten Haus aus oder etwa vom Kirchturm her betrachtet werden können. Vorzugsweise mit einem Feldstecher.

log516b.gif (9322 Byte) Zu meinen Exponaten wird es eine kleine Bildausstellung geben. Arbeiten von Emil Gruber, die sich aus seinen Recherchen in unserem Projektgebiet ergeben haben.

Es entfaltet sich wieder, was ich so gerne forciere ... dieses Wechselspiel der Ereignisse zwischen virtuellem und analogem Raum. Switches zwischen binär codierten Schaustücken und realen Gegenständen ...

Cut!

Deutschland hat gewählt. Wir plagen uns noch. Nein, besser: wir klagen noch. Die Klage kenn ich freilich. Schon aus meinen Kindertagen. Da meine aus dem Faschismus herausgespülten Eltern meinten, sie hätten von Politik genug, sie seien so enttäuscht worden.

Diese ermüdende  Ausrede. Diese Larmoyanz. Die ja davon handelt, daß ANDERE ihr Verhalten ändern sollen, damit die Welt sich ändert. Diese kindische politische Bewußtlosigkeit, die sich als politisches Bewußtsein ausgibt.

Aber die Großmeisterei solcher Politblödheit finden wir inzwischen in den Wahlkampf-Büros der Parteien selbst. Von wo uns rundheraus und üppig erklärt wird, warum die jeweils andere Fraktion unwählbar und außerdem eine Katastrophe sei. Wenn man nun Öffentlichkeit als einen Chor der Ansichten und Ort zum Austausch von Meinungen versteht, auch zum Widerstreit von Positionen, vor allem, um den KONTRAST zu Leben zu bringen, dann begreift man, was dieses wechselseitige Anschütten bedeutet.

Es ist die Ausrede, mit Demokratie auf der Höher der Zeit noch nicht ernst zu machen.

Das wurde unlängst aus der Kampfschrift der Schriftstellerin und Nationalratsabgeordneten Andrea Wolfmayr auf exemplarische Art so deutlich. Da sie ihren Mitmenschen einen "Diktatur light"-Ansatz empfahl: nur EINE Partei und an deren Spitze nur EINE Person sei alles, was dieses (Bundes-) Land brauche. Der steirische Landtagswahlkampf ist bisher ein Festival des Peinlichen und der Unsäglichkeiten.

Wogegen es ja vor allem ein Mittel gibt. Nämlich den Leuten in der Partei, die einem selbst noch am erträglichsten erscheint, die eine oder andere Anregung zukommen zu lassen.

Graphic Novelist Jörg Vogeltanz hat den steirischen Status quo auf folgende Art skizziert:

log516c.jpg (30962 Byte)

[große Ansicht]

[kontakt] [reset]

38•05