8. August 2005Philosoph Günther
Friesinger wärmt sich virtuell die Hände am virtuellen Feuer von "Sowjet-Unterzögersdorf"
...
... soweit das inszenierte Umfeld, inklusive Hühnerkobel,
im forum stadtpark, wo das gleichnamige
Computerspiel präsentiert wurde. Ein ironisches Gedankenspiel rund um die Möglichkeit,
daß aus der Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg ein Dorf in Niederösterreich sowjetisch
geblieben sei. Ein anschauliches Motiv, um zu erahnen, was nationale Souveränität
bedeutet ... Kann man Stücke aus Ländern aussparen? Rausreißen?
Cut!
In der Schweiz haben "mathieu und molicnik" ein Motiv
aus dem "long distance howl" aufgegriffen. Das Projekt "artline do not cross"
hat seinen Ursprung in Neapel, hat sich in viele Teile der Welt verzweigt.
Nun findet es hier eine Neudeutung, die ihrerseits eine Verzweigung in
ein künstlerisches Netzwerk bildet. Ich bin immer wieder erstaunt, welche Sprünge die
Arbeit machen kann, nein, die Ideen machen, aus dieser Internetstützung heraus in völlig
neue Situationen..
Cut!
Handke schreibt in "Sommerlicher Nachtrag zu einer
winterlichen Reise": "Das Sterben ereignete sich dort auf den Friedhöfen in
einem fort. Es gab und galt dazu nicht unser, unser? Begriff, Begriff?, oder Begreifen,
von Vergangenheit, nicht einmal, was das Sterben in dem Bosnien vor über 50 Jahren, im
Zweiten Weltkrieg, betraf, seinerzeit."
Das deutet auch auf jene Revolution hin, die unter der
Besatzung durch die Naziverbände als zusätzliche Last Jugoslawien erschüttert hat. Da
es den Kommunisten im Lande darum ging, die königliche Exilregierung abzuschütteln.
Jenes Jugoslawien Titos, das wir als Ferienland kennengelernt haben, auch als wichtige
Quelle der "Gastarbeiter", die uns den Großteil der Drecksarbeit auf dem Weg in
den neuen Wohlstand erledigt haben, dieses Jugoslawien hatte nach dem Zweiten Weltkrieg in
aller Stille eine schwere Bürde abzutragen.
Die Traumata und Konsquenzen dessen, was Milovan Djilas so
beschrieb: "Ein Volk befand sich im Kampf mit dem Eindringling, während Brüder
einander niedermetzelten in noch erbitterterer Kriegsführung."
Das ist ein nur bescheidener Hinweis auf einen Hintergrund
kaum verheilter Wunden dieses Nachkriegsjugoslawiens, eines Anteils jener gesamten
Disposition, die den Sezessionskrieg ermöglichte. Das war sehr viel komplexer und
komplizierter als etwa die Konstellation unserer eigenen Erfahrungen von
Parteienstellungen im Anteil Österreichs am Naziregime.
Darin habe ich Handke also zuzustimmen, UNSERE Begriffe vom
Begreifen der Vergangenheit müssen erst mal auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden,
auf ihre Anwendbarkeit in der Deutung dieser letzten großen europäischen Katastrophe des
20. Jahrhunderts. Vor allem, weil wir uns die Positionen dazu im Kalten Krieg geholt
haben. Und (unter anderem) weil uns HEUTE bewährte Meinungsbildner aus diesem Kalten
Krieg die Situation der Südslawen kommentieren. [Zu Handke]
[kontakt] [reset] |