8. Mai 2005Was widersteht solch effizienter Bürokratie? Eine Behörde schmeißt
versehentlich eine ihrer Bürgerinnen aus dem Land, nun fehlt von der Frau jede Spur.
(Quelle: "Der Standard")
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Schwer zu
glauben. Oder aber ein guter Witz? Einfach staunenswert! Cut!
Was ist uns eigentlich von diesem jugoslawischen
Sezessionskrieg noch präsent? Ich bin auf Notizen und Bücher angewiesen. Als Kind des
Kalten Krieges hab ich nicht gelernt, auf Nuancen und Details des Südens zu achten. Das
waren einfach immer "die Jugos". Kein Thema. |
Was hat womit begonnen? Was ist wodurch
gekommen? Was ist denn Titos "Sonderweg" gewesen? Womit schlagt sich der
Kärntner Heimatdienst immer noch herum, wenn er die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln
blockiert? Ist uns Slowenien heute nahe? Und Serbien fern? Was haben wir zu Bosnien vor
Augen? Was tun und was wollen die Albaner?
Kera hatte mich zum Abschied umarmt. Ein serbischer
Panzerkommandant, der in Vukovar gewesen ist. Das ist ein wenig so wie ein deutscher
Richtkanonier, der in Verdun gewesen ist. Dieses unfaßbare Massaker! Und selbst wenn das
Grauen nicht nur auf der Seite der Opfer war, sondern auch auf der Seite der Schützen,
wir urteilen im Blick auf beide Seiten. Zu Lasten der Schützen. Das kann gar nicht anders
sein.
Was hat womit begonnen? Ich habe an anderer Stelle schon
notiert, daß alle Massaker mit Opfermythen beginnen. Faßt man die Erfahrung Europas im
20. Jahrhundert zusammen, dann weist einiges drauf hin, daß man besser vorsorglich nach
Banditen Ausschau hält, wenn Opfermythen
auftauchen. Denn recht häufig verbinden sich in beidem, wenn man es rückblickend prüft,
staatsmännische Ambitionen.
Jugoslawien war schon durch eine Reihe von Krisen belastet, als am
23. September 1987, im Rahmen der Achten Plenarsitzung des Zentralkomitees der Serbischen
Kommunistischen Partei, der reformwillige und liberale Flügel dieser Partei zerrieben
wurde. Slobodan Milosevic hatte sich mit seiner Seilschaft das staatliche Fernsehen zum
Instrument gemacht, um erstmals so eine Plenarsitzung
vor einem Massenpublikum zu inszenieren. TV-Chef Dusan Mitevic führte für den
Retro-Kommunisten Regie, als Milosevic seinen
vormaligen Förderer und Freund Ivan Stambolic demontierte.
Matthias Rüb schrieb dazu: "... daß die Reden der
Sympathisanten von Milosevic in aller Breite gezeigt wurden, während die Fraktion um
Stambolic kaum zu Wort kam. Das Zusammenspiel von Fernsehen und Masse, die Mobilisierung
der Massen durch das Fernsehen und umgekehrt sollten die bevorzugten Propagandainstrumente
Milosevics werden."
Da hatte also jemand einige der kostbarsten Lektionen
nationalistischen Powerplays, die man aus Europa beziehen kann, gut gelernt. Klar ist, ein
"Was wäre gewesen wenn ...?" ist keine relevante Kategorie. Da solche Prozesse
irreversibel sind. Daß diese raffgierigen Hardliner um Milosevic die denkbar furchtbarste
Führungsclique Serbiens für ein von Krisen geschütteltest
"Post-Tito-Jugoslawien" waren, ist längst evident.
Allerdings sehe ich in all dem nichts, worin das
heute so erhabene Westeuropa nicht eben erst ein würdiger Lehrmeister gewesen wäre. Mit
gründlichen Übungsläufen auf eben diesem Gebiet, dem Balkan nach Ende der osmanischen
Herrschaft. Ich meine demnach, da verbindet uns mehr als uns lieb erscheinen dürfte.
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