18. März 2005 Da laß ich
mich grade erst am Frühstückstisch nieder, flirte mit meinem Kaffee, während Fräulein
Nina mich mit leicht schräg gehaltenem Kopf ansieht, grinst und fragt: "Warum hast
du eigentlich immer das gleiche an?"
Wie könnte nun eine sozialkritische Debatte mit einer
Sechsjährigen angelegt sein? Das zu lösen ist mir der Tag noch zu jung. Also zucke ich
mit den Schultern und sage: "Ich hab nix anderes."
Außerdem. Darf ich annehmen, daß das mit dem Winter nun
erledigt wäre? Es sind nämlich meine Schuhe weiteren Schneevorfällen nicht mehr
gewachsen. In letzter Zeit hat aber dauernd ein Buch das Rennen gemacht, wenn ich einiges
Geld ausgeben mochte. Die Schuhe sind einfach nicht drangekommen. Und da ich grade wieder
fündig geworden bin, was Bücher betrifft, denke ich: Besser es kommt kein Schnee mehr.
Cut!
Wo wollte ich denn weitermachen? Bei der Kulturpolitik? Bei
Völkermord? Das serbische Volk hat sich nun unter jene eingereiht, die mit diesem Makel
weiterleben und Schlüsse daraus ziehen müssen. Kroatien, das gerade wegen Ante Gotovina
im Gerede ist, pflegt Kontinuitäten, die auch einiges mit Völkermord zu tun haben.
Wir haben zwischen unsere Massaker und die Gegenwart
immerhin schon 60 Jahre bringen können. Das geht nun folgendermaßen. Ganz aktuelles
Beispiel. Da lebt in der Oststeiermark ein Soldat, der launig am rechten Rand dahin
schreibt und es inzwischen zum Brigadier gebracht hat. Josef Paul Puntigam. Der schreibt
in der "Süd-Ost Journal"-Ausgabe vom 16. März 2005 unter anderem:
Gut, der Mann ist offenbar noch nicht in "unserem
Jahrhundert" angekommen, also gewissermaßen ein "Gestriger", aber ich
weiß doch, was er meint. Also. Wir hatten den Holocaust. Und nebenan Stalins Exzesse,
durch die weit mehr Kommunisten ums Leben kamen als durch Hitlers Kolonnen. Hitler?
Stalin? Ah ja. Zwei Monster tauchen auf, tun sowas und verschwinden wieder. Plötzlich
sind ein paar Millionen Menschen tot ...
Blödsinn!
Wie viele TÄTER haben sich da aus eigenem den Empfehlungen
dieser Barbaren angeschlossen, hingegeben? Wie viele Hände mußten rege sein, um
Millionen Menschen aus dem Leben und aus der Welt zu schaffen? Wo waren die dann alle?
Naja, die sind heimgegangen, haben Menschen wie mich
gezeugt und durch die ersten Jahre gebracht, sich selbst auf die Schulter geklopft, für
all das Wiederaufbauen, haben angefangen Legenden zu verfassen, um das Gewesene zuzudecken
...
Hitler und Stalin, der Auftritt zweier Monster und das
wars?
Es ist doch eigentlich so, daß sehr viele "ganz
normale Leute" unter bestimmten Bedingungen sich an grauenhafte Vorbilder heften. Ihnen
nachgehen, nachgeben ... Diese Vorbilder sind vorzugsweise "soldatische
Männer". Als Ikonen, im Führerstatus, kaum greifbar. Als Anführer, Rädelsführer,
Vormacher ... ganz greifbar.
In ihrer Verehrung löst sich die Aufwertung seiner selbst
ein. Über jede reale Schuld hinweg. Der Mitläufer ist die verläßlichste Partei des
Anführers. Damals waren das Leute, wie ich sie in meiner Familie habe. Heute sind das
eben Leute wie Zeljko Raznatovic oder Ante Gotovina (der auf dem Bild als Erster von rechts zu sehen ist).
Das könnte ja ebenso gut ein Movie Still aus eine
zeitgemäßen Action-Knaller sein. Jean-Claude Van Damme würde zwischen den Jungs
keineswegs irritierend auffallen ... prüfen Sie selbst: LINK.
Wie kommt denn das und was mag es bedeuten, daß Filmheld
und realer Kriegsverbrecher einander so ähnlich sehen, daß sich die IMAGES glatt
überlappen? Wir haben diesen Typus Mann in Friedenszeiten gehätschelt und gepflegt.
Hier, dort, egal wo ich hinblicke ... Diese Jungs bevölkern unsere Nachmittags- bis
Abendunterhaltung. Manchmal, wenn es nötig scheint, gegen ein anderes Volk vorzugehen,
springen sie aus unserem Unterhaltungsprogramm heraus und machen ernst ... fließende
Übergänge ...
Ein kleines Detail aus dem Guestbook von Gotovina:
"my General, I hope that the world will be to
soon to return justice and honor you!"
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