27. Dezember 2004Oooooh! DAS hat sich gewaschen. Das werden uns so manche
Professionals nun in den nächsten Tagen schönreden wollen. Im "Standard" gab es am 24. Dezember
einen Aufmacher, wonach die politische Funktionärswelt nun nicht mehr ohne weiteres
behaupten wird können, die Jugend des Landes sei in ihrer
"Politikverdrossenheit" ein Problem.
Nachdem also nun das pädagogische Personal
des Landes schon eine Weile zur Debatte steht, gibt es auch einigen Anlaß, über das
politische Personal laut nachzudenken. Ich bin neugierig, was wir zu hören und zu lesen
bekommen ...
Cut!
Man stelle sich vor, ein Elektriker sitzt in
seiner Werkstatt, grollt, weil die Kundschaft ausbleibt, ganz unter uns: der Mann ist
sauteuer und unzuverlässig, er wird also kaum noch gerufen. Und eines Tages sagt er zu
seiner Frau: "Diese Stromverdrossenheit der Menschen ist zum Kotzen."
Cut!
Politikverdrossenheit. Najaaaa, ich will diese
Elektriker-Metapher jetzt nicht so 1:1 auf die Profiliga der Politik umlegen. Das wäre ZU
polemisch. Aber. Vielleicht macht es Sinn, daran zu erinnern, daß sich der Begriff
POLITIK aus zwei Bereichen herleitet. Aus jenem der sogenannten "Staatskunst"
(Politiké) und jenem des Gemeinwesens (Polis).
So betrachtet ist das schon recht gerissen,
falls sich ein Mandatar zur Auffassung hinreißen läßt, er müsse sein Klientel der
Politikverdrossenheit verdächtigen. Denn wenn sich Menschen von der Profiliga abwenden,
sollte doch zuerst einmal das "Geschäft" zur Debatte stehn. (Von wem ist bloß
der Ratgeber mit dem anregenden Titel "Das Einzige was stört ist der Kunde"?
Ach ja! Edgar K. Geffroy!)
Anzudeuten, die eine Hälfte des Betriebes sei
verdrossen und überhaupt, eigentlich der Politik fern, das ist von der anderen Hälfte
schon ziemlich verwegen.
Cut!
Schwank beiseite. Wenn die eine Seite der
Politik, das Gemeinwesen, der anderen Seite der Politik, den Professionals, Absagen
erteilt, haben wir Diskussionsbedarf. Gut. Politik, das ist AUCH ein Wettlauf um
Standortvorteile.
All das läuft gar nicht so selten in einem
Tonfall daher, wie ich ihn eben aus den Vorboten regionalen Wahlkampfes herausgeschnitten
habe. Der Tonfall im O-Ton:
" Mit
der Rückkehr von xxx an die Spitze der SPÖ xxxx ist diese Partei wieder zur alten
Stahlhelmfraktion geworden, die sie mit Ausnahme der Ära xxxx in den letzten 30 Jahren -
manchmal versteckt in einem liberalen Mäntelchen - immer war: nur ihre Meinung ist
richtig, Fehler machen nur die anderen, zuerst das Parteiinteresse, dann ev. das
Gemeinwohl, unqualifierte persönliche Angriffe, altmarxistisches Denken und
klassenkämpferische Ausbrüche (siehe Aussage "xxxx" ), etc., etc. Die xxxx und
xxxx mögen privat durchaus integere Menschen sein, sobald sie jedoch das Parteikappl
aufsetzen, agieren sie im Stil der Uraltmarxisten. Insgesamt ist das Kommunalpolitik von
vorgestern!!! (xxxx)"
So im öffentlichen Diskurs vorgefunden,
allerdings anonym eingebracht. Was sich hier als Meinungsäußerung ausgibt, ist ein
bloßes Zuschlagen. Sollte man mit Menschen, die so reden, eine Debatte suchen? Kaum.
Dagegenreden? Wozu? Wer darunter "Politik" versteht, sollte eigentlich nur diese
Antwort vorfinden: Abwendung.
Genau das tun viele Jugendliche, von denen man
sehr leicht erfahren kann, wie angeekelt sie sich von Phrasen, Drescherein, dem Heucheln
und Verunglimpfen finden. Kurz, angeekelt von allem, von dem sie sich verletzt fühlen ...
wie ja auch Erwachsene davon verletzt werden. Bloß daß die Youngsters noch nicht so hart
trainiert sind, derlei Kränkungen und Verletzungen wegzustecken.
Also wenden sie sich von solchen Schäbigkeiten ab. Und es würde mich nicht wundern,
wenn die oben zitierte Studie Erhebungen nach sich zieht, die unter anderem genau das
zeigen. Diesen berechtigten Ekel über solche Art ihnen die Welt zu deuten.
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